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Goldpreis mit enormer relativer Stärke gegenüber USD

von Andreas Speer E-Mail 16.03.10 10:10:19

Goldstärke oder US-Dollarschwäche? Ist ein Preisanstieg von Gold lediglich das Ergebnis eines schwachen US-Dollars oder wie entwickelt sich dessen Wert tatsächlich? Eine wichtige Frage, die Goldanleger bewegt. Der Goldpreis hat in US-Dollar gemessen am 3.12.2009 ein mittelfristiges Hoch ausgebildet und befindet sich seitdem in einer Korrekturphase. Vor dem Hintergrund der zeitgleich eingetretenen kräftigen Erholung des US-Dollars, zeigte sich der Goldpreis in der laufenden Korrektur jedoch bisher ungewöhnlich widerstandsfähig. Mit Hilfe eines eigens dafür entwickelten Indikators wird diese relative Stärke nachfolgend genauer analysiert. Wir kommen zu dem Schluss, dass sich der Goldpreis auf relativer Basis wesentlich besser entwickelt hat als in früheren Korrekturphasen und erwarten mittelfristig neue Höchstände.

Goldinvestoren bedienen sich unterschiedlicher Methoden, um zu messen ob ein Goldpreisanstieg in USD tatsächlich mehr ist, als lediglich das Ergebnis eines schwachen Greenbacks. Üblicherweise vergleichen sie die Veränderungsraten eines Währungspaares (z.B. EUR/USD) oder eines Währungskorbes (z.B. US-Dollarindex, der sechs der weltweit wichtigsten Währungen handelsgewichtet miteinander kombiniert) mit denen des Goldpreises. Da Gold und der USD negativ korreliert sind, erfolgt dies spiegelverkehrt, um zu einer adäquaten Einschätzung zu gelangen. Andere Marktteilnehmer achten darauf, ob Gold nicht nur in US-Dollar, sondern auch in anderen Währungen zulegen kann, um von einer Stärke des Goldes zu sprechen. Auch die Ermittlung von Verhältniszahlen (Ratios), errechnet durch die Division von zwei Werten - wie z.B. des Goldpreises (USD/oz) geteilt durch den Wert des US-Dollarindex - dient diesem Zweck. Unseres Erachtens sind diese Ansätze allesamt sehr hilfreich, weshalb wir sie ebenfalls verfolgen. Vollständig zufrieden geben wollten wir uns jedoch damit nicht und haben deshalb einen Indikator entwickelt, der uns weitreichende Einblicke und damit entscheidende Vorteile verschafft.

Methodik: Der Indikator basiert auf folgender Grundidee: Fällt der US-Dollarindex um beispielsweise 1% in einem bestimmten Betrachtungszeitraum und steigt der Goldpreis (USD/oz) im gleichen Zeitraum um den gleichen Prozentsatz, gleicht dieser lediglich den Rückgang des US-Dollar aus. Gold ist also weder stark noch schwach, sondern neutral. Steigt der Goldpreis jedoch nur um 0,8% an, so bewerten wir den Anstieg als schwach. Legt hingegen der Goldpreis um 1,2% zu, handelt es sich um einen starken Anstieg. Obwohl der Goldpreis in allen drei Fällen absolut zulegen konnte, bewerten wir die Zuwächse völlig unterschiedlich, nämlich auf relativer Basis. Steigt hingegen der US-Dollarindex, gehen wir mit dem entsprechenden Prozentwert sinngemäss vor, um zu einer Bewertung zu gelangen. Die entscheidende Frage ist, ob der Goldpreis prozentual stärker fällt (schwach), um den gleichen Prozentsatz fällt (neutral) oder ob der Rückgang prozentual geringer ausfällt (stark). Stark kann natürlich ebenso bedeuten, dass der Goldpreis (USD/oz) zeitgleich mit dem US-Dollarindex ansteigt. Diese Grundidee haben wir in ein mathematisches Konzept übertragen.

Der Indikator drückt eine neutrale Bewertung im oben beschriebenen Sinne mit der Zahl 0 aus, welche gleichzeitig die horizontale Nulllinie des Indikators markiert. Eine schwache Bewertung kommt durch eine negative Zahl zum Ausdruck. Je höher die negative Zahl, desto schwächer ist die relative Performance von Gold (USD/oz) gegenüber dem US-Dollarindex. Eine starke Bewertung wird durch eine positive Zahl ausgedrückt. Je höher die positive Zahl, desto stärker ist die relative Performance von Gold (USD/oz) gegenüber dem US-Dollarindex. Die Indikatorwerte, welche wir für die jeweiligen Zeiteinheiten auf diese Art und Weise ermitteln, sind jedoch sehr schwankunsintensiv, so dass wir die Daten nochmals einer Glättung unterziehen, um die „Geräuschkulisse“ herauszufiltern. Für den Indikator auf Wochenbasis verwenden wir hierzu einen einfachen 10-Wochen-Durchschnitt, während wir für den Indikator auf Tagesbasis einen einfachen 13-Tages-Durchschnitt einsetzen.

Anwendung: Wie bei vielen anderen Indikatoren sind auch beim Real Gold Strength Indicator (RGSI), wie wir ihn nennen, die sogenannten Divergenzen, wenn also Kurs- und Indikatorverlauf ein unterschiedliches Bild zeichnen, für uns besonders aufschlussreich. Bevor wir uns den gerade zurzeit erkennbaren bullischen Divergenzen zuwenden, zunächst ein kurzer Rückblick, der für die Einordnung der aktuellen Divergenzen hilfreich ist. Wir starten mit dem Rückblick im März 2001, also kurz nachdem der Goldpreis das Doppeltief knapp über der Marke von 250 USD/oz gesetzt hatte. Somit betrachten wir nachfolgend fast den gesamten Anstieg des Goldpreises im bisherigen Bullenmarkt. Graphiken 1 bis 4 umfassen den Zeitraum von 03/2001 bis 10/2008. Wir sehen den Goldpreis und den RGSI jeweils auf Wochenbasis. Mittels Pfeilen haben wir die bullischen Divergenzen markiert. Es handelt sich um Phasen, in denen der Kursverlauf eine Korrektur durchlaufen hat - eine Schwächephase auf absoluter Basis - während der Indikatorverlauf zeitgleich eine Stärke auf relativer Basis angezeigt hat. Auf mittelfristige Sicht waren dies zumeist attraktive Einstiegspunkte.

In Graphik 5 sehen wir die Entwicklung der letzten eineinhalb Jahre. Hier können wir den starken Anstieg des Goldpreises von August bis Dezember 2009 erkennen sowie die anschliessende Korrektur, welche ihren bisherigen Tiefpunkt im Februar 2010 gesetzt hat. Interessant für Goldanleger ist nun die Frage, ob dieser Kursrückgang bereits sein Ende gefunden hat oder ob eine Ausweitung der Korrektur droht. Für eine mögliche Ausweitung der Korrektur spricht zum Beispiel der saisonale Einfluss, der in den Monaten März und April eher dämpfend auf den Goldpreis wirkt. Positiv ist hingegen zu verzeichnen, dass die mittelfristigen Korrekturen im Durchschnitt 11 bis 12 Wochen andauerten und wir aktuell bereits die 13. Woche seit dem Dezemberhoch hinter uns gelassen haben. Aus Indikatorsicht fällt zudem auf, dass der RGSI – im Gegensatz zu vorangegangen Korrekturphasen – nur sehr kurz und zudem nur sehr schwach in den negativen Bereich eingedrungen war.

Wir stellen somit fest, dass die bisherige Korrektur des Goldpreises vor dem Hintergrund einer ungewöhnlichen relativen Stärke gegenüber dem US-Dollar abgelaufen ist.

Dieses Bild wird durch Graphik 6 bestätigt. Wir betrachten den Goldpreis und den RGSI auf Tagesbasis für den Zeitraum 31.08.2009 bis 12.03.2010. Erneut sehen wir eine bullische Divergenz insofern, als dass der Goldpreis im Februar ein Tief markiert hat, welches vom RGSI nicht bestätigt wurde. Zudem hat der RGSI kurz darauf zum selben Zeitpunkt wie Gold seinen Abwärtstrend verlassen.

Fazit: Die ungewöhnliche Stärke des Goldpreises gegenüber dem US-Dollarindex (auf relativer Basis) lässt den kräftigen Anstieg des US-Dollars seit Anfang Dezember 2009 weniger beeindruckend aussehen und zeigt, dass er vor allem ein Ergebnis der schwachen europäischen Einheitswährung ist. Obwohl sich die Anleger wieder vermehrt dem vermeintlich sicheren Hafen (US-Dollar) zugewandt haben, liessen sich die Goldanleger dieses Mal nicht verschrecken. Offensichtlich haben starke Hände die Goldpreiskorrektur zum Aufbau von Positionen genutzt. Wir bewerten diesen Umstand sehr positiv für das gelbe Metall und erwarten auf Sicht von einigen Monaten neue Höchstände beim Goldpreis in US-Dollar.

Den vollständigen Bericht einschließlich sämtlicher Graphiken finden Sie unter http://www.pdfverzeichniss.uhu-und-specht.de/GoldUSDMrz10.pdf

© Andreas Speer
Senior Economist und Commodity Analyst

www.uhu-und-specht.de

4 Kommentare

Kommentar from: Roman [Besucher]
*****
Kompliment, Herr Speer. Dies ist eine hochinteressante Analyse. Etwas vergleichbares habe ich zu diesem Thema noch nicht gelesen. Respekt!
16.03.10 @ 12:57
Kommentar from: täterätä [Besucher]
*****
Gold ist schon lange stark und Gold wird zum Herkules werden, von nichts und niemanden mehr nieder zu drücken, mit Garantie!
16.03.10 @ 19:23
Kommentar from: Domenig [Besucher]
****-
Gold zur Absicherung gegen die zu erwartende Geldentwertung ist ideal. Was aber, wenn die privaten Goldbestände, wie sogar 1933 in den USA geschehen, beschlagnahmt werden? Wie gross ist die Chance, dass der Goldbesitzer am Ende der dumme ist und sein Vermögen zur Sicherstellung der Gehälter der öffentlichen Bediensteten und der Altersrenten anderer hergeben muss, währen diese ihre Liegenschaft behalten dürfen? Den privaten Goldbesitzern fehlt die Lobby.
20.03.10 @ 17:16
Kommentar from: Gerald von Gold-Goldbarren [Besucher]
*****
Ich finde es auch durchaus sehr interessant, sich die Korrelation von US-Dollar und Goldpreis sich anzusehen und so quasi eine währungsneutrale Goldpreisentwicklung zu haben. Ein sehr interessanter Artikel, den ich auf unserer Seite gerne empfehle.

Weicht sie Korrelatoion stark ab, muss es andere Gründe für den im Vergleich zum Goldpreis steigenden oder fallenden Goldpreis geben.

Aber was sind diese Gründe? Sind die Privaten nach wie vor daran in Gold zu investieren? Sind es Spekulanten, die etwas vorauszusehen glauben? Hat sich nach Neujahr dann doch die Schmuckindustrie wieder eingedeckt?

Es gibt leider ein riesiges Bündel an Motiven, die für einen Kauf oder Verkauf sprechen. Gerade am Beispiel Gold ist meiner Meinung nach eine Analyse deutlich schwieriger als beispielsweise einer Aktie, wo man das zukünftige Ertragspotential bewerten kann.

Wir machen gerade eine aktuelle Stimmungumfrage zum Goldpreis Ende 2. Quartal: gold-goldbarren.com/goldpreis-prognose-2010-1hj/

Antwort AS: Vielen Dank für den Kommentar! Stimmt, die Korrelationen sollte man ebenfalls im Auge behalten. Sie sagen jedoch nur etwas über die Richtung und nichts über die Stärke/relative Stärke der Bewegung aus. Wie Sie zu Recht anmerken, geben die Korrelationen keinen Hinweis auf Ursache und Wirkung.
08.04.10 @ 12:24

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