Seit heute im Netz beim schweizer „Finanzwelt-Treffpunkt Finews": Ein Artikel von Warren Buffett „Weshalb wir es beim Gold mit einer Blase zu tun haben“. Das englische Original des Textes findet sich dabei –natürlich als „Top Story“– auf der Seite von Fortune/CNN und ist ein Vorabdruck des nächsten Aktionärsbriefs von Warren B. an die Aktionäre seiner Berkshire Hathaway Anlegergruppe.

Das „Orakel von Omaha“ wird sichtbar alt. Kein Wunder, dass er seit Anfang 1999 mit seiner Berkshire H. Aktie unterm Strich underperformt hat. Sogar ggü. vielen Aktien – vom im Preis verfünffachten Gold ganz zu schweigen! Buffett erklärt das wahre Geld Gold und Silber einfach nicht korrekt, weil er entweder nach seinem absolut sinnvollen Silberkauf 1998 systemseitig bedroht und „umgedreht“ wurde; oder weil für ihn mit den Graham´schen Methoden des Value Investing ein nicht klassisch per quantifizierbarer und diskontierbarer Dividendenreihe „rentierendes“ Asset wie Gold einfach nicht greifbar ist und wohl darum nie verstanden werden wird. Oder der aktuelle Text zur „Goldblase“ ist einfach nur Apologetik ggü. den Aktionären, um zu rechtfertigen, warum Berkshire die gesamte Goldrally seit 2001 sowie fast die ganze Silberexplosion seit ca. 2005 verpasst hat (damals bei Silberpreis von etwa 6,50 $/oz musste Buffett seine 130 Millionen Unzen Silber vermutlich an den Barclays SLV überschreiben – ich berichtete damals exklusiv).

Von den handwerklichen Fehlern in der „Analyse“ des WB sehen wir mal ab – auch wenn es analytisch peinlich ist, dass er im oben verlinkten Artikel den Wert der gesamten je geförderten Goldbestände der Welt (170.000 Tonnen) gedanklich einfach nur dem Wert des US-Ackerlandes gegenüberstellt – als ob die internationale Währung Gold in einer natürlichen Goldgeldwelt nicht noch eine Unzahl weiterer Sachwerte abdecken müsste, die zusammen ein Vielfaches der hier genannten 9,6 Bio Dollar ausmachen würden.

Und sehen wir auch mal davon ab, dass Ben Bernanke, Mario Draghi und ihre Zentralbank-Buddies schon alleine diese 9,6 Billionen in nur fünf Jahren (!) aus dem Nichts kreiert haben. Bei der aktuellen noch viel verrückteren Runrate würde es übrigens nicht einmal mehr drei Jahre dauern – die Exponentialkurve der Geldvermehrung ist unerbittlich! Die o.g. 170.000 Tonnen wurden dagegen in 4500 Jahren gefördert – oder meinetwegen 90% davon immerhin in den letzten 100 Jahren: 100 versus 3 Jahre, Warren. Capisce? :!:

Weiterhin sind die von Buffett/Fortune ausgewiesenen 6100% Rendite des S&P seit 1965 ein rein theoretisches Konstrukt: bei dieser Rechnung wird ein ständiges (aufwendiges) Reinvestment der Dividenden unterstellt. Dies jedoch ohne jede Berücksichtigung von Gebühren und vor allem Steuern... Beides fällt bei der alternativen Buy-and-hold-Strategie von Gold nicht an! Meine eigene Berechnung führt darüber hinaus sogar ohne Berücksichtigung der Gebühren und Steuern nur zu 5750% (und nicht 6100%) Rendite. Wenn man auch noch Dividendensteuern und Transaktionskosten etc. mit berücksichtigt, kommt man auf einen Wert unter der von Fortune ausgewiesenen Goldrendite! Wenn man dann auch noch die (in den USA schon immer und bei uns seit 2009 fälligen) Kursgewinnsteuern auf Aktien berücksichtigt, landet man schnell weit unter der Goldrendite. Die S&P-Rendite-Grafik bei Fortune ist ein hochtheoretisches Trugbild; immerhin soll sie die Frage beantworten, was ganz praktisch aus einer Einmalanlage von 100 Dollars in 1965 ohne weiteres Zutun bis heute geworden wäre!

Vor allem aber versteht Buffett nicht, dass in unseren lügenden und kranken Zeiten, in denen nicht nur die Märkte, sondern zunehmend alles politisiert ist, gerade Gold als der ultimative „Politik-Hedge“ gar nicht in einer Blase sein kann. Es sei denn, man glaubte kurzfristig an das Ende des totalitären und aggressiven Wahnsinns der Politik. Hartgeld, Goldseiten, Querschuesse und all die anderen politisch inkorrekten und unabhängigen Faktenseiten belegen aber ja täglich hundertfach das glatte Gegenteil. In einer Zeit des sich beschleunigten System-Niedergangs ist Gold niemals in einer Blase. Das kommt erst gegen Ende des aktuellen Zyklus, womit ich explizit nicht sage, dass der Goldpreis in den kommenden Monaten nicht auch temporär mal signifikant gedrückt werden fallen könnte. Technisch könnte er durchaus mal ein wenig konsolidieren.

Hier noch ein lesenswerter englischsprachiger Bonus-Link – sozusagen als eine weitere Antwort auf Warren: Simon Black - „Is gold a bubble?
=> Simon kommt übrigens ebenso wie ich selbst ursprünglich aus der Szene der Value Investoren, auch wenn wir nie zu den jährlichen Kirchentagen in Omaha gepilgert sind – manchmal auch genannt „Hauptversammlung der Berkshire Hathaway Inc“ . Zur Sinnhaftigkeit der Bewertungs-Methode des Value Investing und zum Inneren Wert hatten wir uns ebenso wie Warren Buffett schon in den abgehobenen New Economy-Zeiten bekannt. Damals waren Buchwertanalysen eindeutig besser als „market cap per page impression“-Analysen, wie sie besonders 1999 bei manchen heute längst vergessenen letsbuyit.com-Webshops Mode waren. Und auch 1950-1995 war die Value Analyse jahrzehntelang die überlegene Methode der Wahl – gar keine Frage – nicht zufällig wurde Buffett in dieser Zeit Milliardär.

=> Aber 2012 ist nicht 1995 – und auch nicht 1960. Ein Papiergeld-System in der Endphase der Überschuldung gehorcht anderen Regeln. Der Grad der Übertreibung, der ggf. in einer Asset-Bewertung steckt, ist in der heutigen Ausnahmephase des Finanzsystems mit explodierenden Schuldenquoten der Volkswirtschaften nicht mehr nur an mikroanalytisch hergeleiteten „Kurs-Buchwert“-Verhältnissen oder am „Inneren Wert“ messbar. Schon gar nicht bei Gold, denn hier spielt neben der menschlichen „Gier“ mehr und mehr auch die „Angst“ mit. Diese aber ist täglich berechtigter.

Auch Warren wird den erneuten Paradigmenwechsel noch erleben, den er seit seinen Anlage-Anfängen in den 1950ern bis heute nie erlebt hat. Damals hatten die nur scheinbare Goldbindung des Dollars von Bretton Woods und die Schuldenausbuchung nach dem Kriegskollaps 1945 gerade den Kondratieff-Zyklus des ungedeckten Kreditgelds eingeleitet, welcher dann 1971 „perfektioniert“, seit ca. 1995 durch die Zinsdrückung und Goldpreismanipulation verlängert, und zuletzt 2008ff auf die vorläufige Schuldenspitze getrieben wurde! Den Wechsel von diesem nun in den kommenden Jahren beendeten Kondratieff-Zyklus in den nächsten sollte Buffett besser in Rente erleben. Und das Orakel sollte ebenso wie seine Jünger einen guten Teil der persönlichen Rentenrücklagen in Sachwerten liegen haben. Typische Berkshire Hathaway-Anlagen sind derzeit keine solchen Sachwert-Anlagen und damit gefährdet. Dies gilt explizit auch für die bei Berkshire hoch gewichteten „Rückversicherungs“-Assets, die letztlich auch nur Papiergeldanlagen sind.

Warrens Goldblasen-Statement beweist völliges Unverständnis der aktuellen Makro-Lage; sowie eine im Kondratieff-Spätherbst anachronistische Denkkonditionierung aus lange vergangenen K-Frühjahr und K-Sommer-Zeiten.