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Der Preis der Zeit

von Wolfgang Arnold05.10.13 16:11:40

Eine Reflexion über Schulden, Zinsen und die Krise.
Warum kann uns der große Kladderadatsch eigentlich nicht erspart bleiben? Zugegeben: sehr viele wären todunglücklich, wenn die Goldunze plötzlich wieder 500 Euro kosten würde. Eine Menge Leute wüsste auch nicht wohin mit ihren vielen Krisenvorräten, das Notstromaggregat könnte man einmotten und das Kurbelradio landete im Sperrmüll – so hätten es am liebsten Herman van Rompuy, Mario Draghi, Wolfgang Schäuble, unsere Kanzlerin und… ach, man könnte die ganze Seite füllen mit den Namen der Narkotikum-Verteiler. Nein, wir sind für lange Zeit nicht über dem Berg und nach dem Gipfel beginnt ein endlos langer Abstieg.

Das alles ist der Preis der Zeit.
Ganz einfach: Solange wir mehr konsumieren, als unsere Arbeitsleistung erlaubt, brauchen wir dafür Kreditgeld und das kostet Zinsen. Zinsen sind ganz einfach der Preis für den Zeitabschnitt, den wir für einen vorgezogenen Konsum nicht abwarten wollen (können). Je mehr wir von unserer Zeit an jene „verkaufen“, die uns ihr Geld für unseren Mehrkonsum leihen, desto weiter entfernen wir uns von dem Punkt, ab dem unsere Lebenszeit gerade noch ausreicht, um die Schuld und den Zins für die geliehene Zeit zu begleichen.
Die Zeitverleiher (die Gläubiger) horten auf diese Weise immer mehr Zeitguthaben in Form von Zinsen an. Sobald unsere Lebenszeit nicht mehr reicht, um Schulden und Zinsen durch Arbeitsleistung zu tilgen, haben uns die Gläubiger in der Hand, sind wir zu Sklaven geworden.
Weil aber das Heer der Sklaven inzwischen mehr als die halbe Welt erfasst, müssen die Gläubiger fürchten, die Sklaven könnten revoltieren und ihren herrlich gigantisch hohen Turm an Zeitguthaben einfach zertrümmern. Immerhin sind die Gläubiger gegenüber den Zeitschuldnern in einer marginalen Minderheit. Die Gläubiger mühen sich also heftig, die Zeitschuldner ruhig zu halten und erlauben ihnen immer weiter noch kleine Mengen Zeit kaufen und konsumieren zu können. Ganz einfach, man reduziert den Zins für das Zeitkaufen auf ein Minimum, und die Sklaven amüsieren sich weiter bei Konsum und Spiel. Der niedrige Zins beschert den Gläubigern angesichts der gigantischen Zeitschulden dennoch satte Gewinne. Die Menge macht´s.
Auch die Staaten kaufen Zeit und zahlen Zinsen dafür. Auch hier macht´s die Menge. Auch sie haben längst den Punkt überschritten, ab dem die Rückführung der Zeitschuld durch die lebende Generation der Steuerzahler nicht mehr möglich ist. Zur Schuldentilgung der Bundesrepublik veranschlagen Experten 300 Jahre – alternativ die totale Vermögensbeschlagnahme der gesamten Bevölkerung.
Groß-Gläubiger und Groß-Schuldner ringen derzeit um die Verteilung der Lasten. Würde man das Vermögen der gesamten Bevölkerung total konfiszieren, wären Armut und Elend so groß, dass auch kein Minimalkonsum mehr denkbar wäre. Das kann nicht im Sinn der Groß-Gläubiger sein. Sie würden bei einer solchen Rosskur am Ende auch verlieren. Man such einen Mittelweg.
Man wird die Reißleine ziehen, sobald sich die Beteiligten über diesen Mittelweg einig sind. Mit einer Währungsreform wird man den Menschen eine bessere Zukunft versprechen. Da wir es immer noch mit den gleichen Verantwortlichen wie bisher zu tun haben werden, sollten wir uns keinen Illusionen hingeben.
Wer jetzt noch Schulden auf seinem Zeitkonto hat, wird den größten Teil (oder den gesamten Teil) auch nach der Währungsreform auf seinem Zeitkonto wiederfinden. Jede Art von Vermögensbesitz wird zu einem großen Teil den Zeitgläubigern gut geschrieben. Was man der gesamten Bevölkerung lässt, wird nicht mehr sein als der Anreiz, erst mal wieder ein Guthabenkonto aufzubauen, das später natürlich erneut abschmelzen und erneut ein Kreditkonto werden wird.
Erst wenn das System des Zeitkaufens endet, wenn keinerlei Währungsreform das System mehr retten kann, weil niemand mehr irgendeiner Art von Papiergeld vertraut, ist der eigentliche Systemkollaps da, der seit 2000 und weiter seit 2008 durch extremes Zeitkaufen hinausgeschoben wird. Aber man wird alles tun, dass er möglichst kontrolliert abläuft, für die Masse aber überraschend ausbricht.
Die Masse soll auf jeden Fall nicht erkennen, dass die Verschuldung von Banken, Staaten und privaten Schuldnern längst in die exponentielle Phase übergegangen ist. Würden wir eine Kurve zeichnen, könnten wir sehen, dass die Schuldenkurve aus dem 45-Grad-Verlauf in die Senkrechte übergegangen ist.
Niemand kann sagen, wie lange das „Weiter so“ noch währt; und niemand weiß, ob die Geduld in Europa ausreicht, das noch lange auszuhalten.
Paul Krugman, Nobelpreisträger, Kolumnist der New York Times:
In 30 Jahren werden wir wohl auf heute zurückblicken und sagen: ´Das ist der Zeitpunkt, wo alles zusammenbrach. Und mit ´alles` meine ich nicht nur die Wirtschaft.
Antal Fekete (Finanzwissenschaftler, in den USA und Ungarn) warnt:
Der Welthandel steht vor einer lawinenartigen Transformation von der Geldwirtschaft zur Tauschwirtschaft. Praktisch alle Ökonomen, Finanzjournalisten und Marktspezialisten haben dieses mögliche Szenario verpasst.
Wer nach diesen Prognosen noch immer meint:
Nichts wird so heiß gegessen wie es gekocht wird
wird erleben wie den staatlichen Organen und Notenbanken das Steuer förmlich aus den Händen gleiten wird.
Hinweis für diejenigen, die sich über den Ratgeber BIETE HAARSCHNITT GEGEN BROT noch nicht informiert haben.

4 Kommentare

Kommentar from: wolfgang eikmeier [Besucher]
****-
Hallo Wolfgang Arnold. Zunächst vielen Dank für Ihre Zeilen. Es freut mich immer, wieder von Ihnen etwas zu hören, da Sie die Gabe haben, das unbeachtete Elend von vielen Seiten zu beleuchten. Aber je mehr ich von Ihnen lese, deshalb wütender werde ich auf unsere Karriere-Journalisten. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, daß die alle der Verblödung anheim gefallen sind. Also sind sie so stromlinienförmig geworden, daß, wenn einer von diesen Flöten etwas abgelassen hat, man sofort weiß, was die anderen zum Besten geben. Schauen Sie einmal kurz in die Nachrichtensendungen des Deutschen Fernsehens und Sie werden feststellen, daß nicht nur die Nachrichten alle gleichmäßig getürkt sind, sondern, daß sie sogar zeitgleich ablaufen. Es ist eine Schande für den Journalismus. Sie verblöden die Bürger vorsätzlich, um vielleicht einen guten Draht zu irgendwelchen Politiker zu haben, die es nicht wert sind, von der Öffentlichkeit wahr genommen zu werden. Dieser ganze Clan hat nur noch eine eitle Hochachtung, nämlich vor ihresgleichen. Mein Gott, ist das alles traurig.
05.10.13 @ 19:31
Kommentar from: J__K__ [Besucher]
*****
Hallo Herr Arnold, vielen Dank für ihren Artikel. Ist wieder super gelungen ! Ich persönlich bin kein Sklave des Systems und damit meine ich z.B. daß ich keine Schulden habe. Dafür spiele ich in meiner Freizeit ein Musik Instrument :-) Das kostet z.B. unendlich viel Zeit. Diese ist so natürlich denkbar bestens investiert wenn ich mir überlege daß ich diese sonst einem Sklaventreiber schenken müsste.
05.10.13 @ 21:25
Kommentar from: Hans Kolpak [Besucher] E-Mail
*****
Diese einfachen Zusammenhänge sind seit Jahrtausenden erfolgreich verschleiert. Die Geldverleiher sind keineswegs mit einem einfachen Zins zufrieden, sondern erheben Zinseszins, der sich durch die Exponentialfunktion auszeichnet. Man betrachte die anfänglichen behördlichen Schulden unter Ludwig Erhard, dem Vater der Überschuldung, im Vergleich zu den heutigen Summen.

Doch das geht den Geldverleihern nicht mehr schnell genug. Nichtsahnende Politiker werden verleitet, Derivate auf Kredit zu kaufen, was den Schuldenberg minutenschnell aufs tausendfache erhöht. Aus falscher Scham verschweigen solche Behörden ihre Schandtaten. Die Alternative ist, die Wettschulden nicht zu begleichen und nur einen einfachen Zins zu zahlen. Aber dazu sind die Umverteiler ZU DUMM !!!

Die Umverteilungsbürokratien verschlingen zweifelsfrei einen erheblichen Teil der Steuern und Abgaben. Was verteilt wird, ist nur über weitere Schulden finanziert. Nur wenige Behörden sind schuldenfrei. Das ganze Konstrukt ist ein Narrenschiff zugunsten der Geldverleiher. Solange sich Menschen von den Geldverleihern betrügen und korrumpieren lassen, bleibt nur die Hoffnung, dass dieses System sich selbst auffrisst.

Aufmerksame Leser wissen, was zu tun ist. Garantien gibt es allerdings keine. Selbstherrliche und ignorante Menschen wirken im Kleinen wie auch im Großen, den eigenen Tod nicht bedenkend.

Hans Kolpak
Goldige Zeiten
06.10.13 @ 19:34
Kommentar from: Bergische Löwin [Besucher]
Die grauen Herren, die in "Momo" den Menschen die Zeit abluchsten, um davon zu leben, haben also inzwischen die halbe Welt im Griff? Wer dieses Buch nicht kennt oder den Film nicht gesehen hat, sollte dies nachholen. Michael Ende hat unser System schon 1973 demaskiert.

Momo besiegt sie (übrigens, nachdem alle anderen Kinder in staatlichen Einrichtungen ganztags wegorganisiert worden waren, die "KITA" lässt grüßen), indem sie nicht "mitspielt", sie lässt sich nicht zum Konsum überreden, sie lässt sich dadurch ihre Zeit nicht stehlen und Meister Hora zeigt ihr, dass sie nur rückwärts und sehr langsam gehen muss, dann können ihre Verfolger sie nicht erreichen. Sie erreicht nach dramatischer Flucht mit Hilfe ihrer weisen Schildkröte (langsam!)Meister Hora, der die Zeit anhält. Die Welt steht still und in dieser kurzen Phase kann Momo die grauen Herren vernichten. Es ist erschreckend, wie der Kinder-Roman auf das beschriebene Zeit-Szenario passt. Aus Wikipedia:
"In einem Brief ... bestätigte Michael Ende, dass Momo das heutige Geldsystem kritisiere: „Übrigens sind Sie bis jetzt der erste, der bemerkt hat, daß die Idee des alternden Geldes im Hintergrund meines Buches Momo steht. Gerade mit diesem Gedanken von Steiner und Gesell habe ich mich in den letzten Jahren intensiver beschäftigt, da ich zu der Ansicht gelangt bin, daß unsere ganze Kulturfrage nicht gelöst werden kann, ohne daß zugleich oder vorher sogar die Geldfrage gelöst wird.“
06.10.13 @ 21:53

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