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Andreas Otto: Auf dem Weg zu einem neuen Weltwährungssystem

von Daniel Haase31.10.11 16:39:19

Am Dienstag, den 8. November 2011, wird Andreas Otto in der Handelskammer Hamburg den Vortrag
„Inflation & Staatsbankrott - Investieren in hochinflationären Zeiten“
halten. Im Vorfeld sprach ich mit dem Gründer und Herausgeber des Noah Briefes über seine Einschätzungen zu währungspolitischen Entwicklungen.

Daniel Haase: In deinen Noah-Briefen verweist Du immer wieder auf einzelne Wortmeldungen hochrangiger, internationaler Politiker und Notenbanker, die auf eine kommende Neuordnung des Weltwährungssystems hindeuten. Wie würdest Du den aktuellen Stand einschätzen?

Andreas Otto: Die Hinweise, dass im Hintergrund längst an einem neuen Weltwährungssystem gearbeitet wird, häufen sich:

Unabhängig vom Euro wächst international der Wunsch nach einer akzeptablen Alternative zum Dollar. Dies gilt insbesondere für die aufstrebenden Schwellenländer mit ihren gewaltigen, inflationär bedrohten Devisenreserven. Sowohl aus Russland als auch aus China gab es mehrere öffentlich gewordene Reformvorschläge. Aber selbst Frankreichs ehemalige Finanzministerin Christine Lagarde favorisiert nach meinen Informationen mit dem Bancor eine neue Weltwährung. Mittlerweile ist Madame Lagarde Chefin des Internationalen Währungsfonds.

Daniel Haase: Wie könne ein neues Weltwährungssystem aussehen und wann wird es kommen?

Andreas Otto: Eine Reform wird kommen, wenn das alte Währungssystem vollends funktionsuntüchtig wird und für alle ersichtlich vor dem Zusammenbruch steht. Bis dahin werden die Politiker kaum pro-aktiv handeln, sondern wie hierzulande Getriebene bleiben. In Europa sind wir weiterhin voll und ganz mit lebensverlängernden Maßnahmen für den Euro beschäftigt. Inzwischen wurde zuviel Geld und „politisches Kapital“ investiert, als dass von einer Rettung der Währungsunion noch abgelassen werden könnte.

Daniel Haase: Die Aktienmärkte feierten in der Vorwoche bereits den „großen Wurf“ in Sachen Euro-Rettung. Berechtigt oder nicht?

Andreas Otto: Es wurde wiederum nur Zeit gekauft und vermutlich nicht einmal besonders viel. Nur einen Teil der Staatsschulden Griechenlands um 50% zu reduzieren reicht bei weitem nicht. Dadurch soll die Schuldenlast in den nächsten acht Jahren auf 120% der Wirtschaftsleistung gebracht werden. Das ist das Niveau, auf dem sich Italien heute befindet, und das ebenfalls als problematisch eingeschätzt wird. Ohne drastischen Schuldenschnitt auch gegenüber den übrigen, öffentlichen Gläubigern wird es kaum zu einer Gesundung kommen. Außerdem ist das Land in Sachen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber dem Hauptkonkurrenten Türkei (Tourismus) seit „Rettungsbeginn“ sogar noch weiter zurückgefallen. Innerhalb der Euro-Zone hat Griechenland kaum Chancen auf eine nachhaltige Erholung. Der Euro-Austritt wird irgendwann zur Existenzfrage.

Daniel Haase: Die Renditen zehnjähriger, italienischer Staatsanleihen überschreiten derweil schon wieder die kritische 6%-Marke. Im August und September begann laut ifo-Chef Hans-Werner Sinn eine in den Zentralbank-Bilanzen meßbare Kapitalflucht. Wie lange lässt sich der Kollaps noch hinauszögern?

Andreas Otto: Die jüngste angebliche Euro-Rettung verschlimmert die Probleme Italiens. Um es klar zu sagen: Mit Sparen wird auch Italien die Schuldenmisere nicht mehr in den Griff bekommen. Der Point-of-no-Return ist wie in Griechenland längst überschritten. Vielleicht kann durch die Markteingriffe des Euro-Rettungsfonds EFSF etwas Zeit erkauft werden. Doch ich bin skeptisch, ob sich Investoren angesichts der absehbaren Risiken mit einer bloßen Teilgarantie von 20% anfreunden können. Außerdem stellt sich die Frage nach der Werthaltigkeit solcher Garantien. Schließlich wurde der Verzicht in Griechenland als freiwillig deklariert, so dass beispielsweise getätigte Kreditausfallversicherungen nicht greifen werden. Man wird sehen, ob Investoren auch in Zukunft noch im gleichen Ausmaß Anleihen der Eurozonenperipherie kaufen, wenn, wie die Erfahrung jetzt zeigt, diese Risikoabsicherungen jederzeit durch politische Entscheidungen als praktisch wertlos erklärt werden können.

Daniel Haase: Du hast eine Reihe historischer Hyperinflationen studiert und hierzu unter anderem auch im Smart Investor publiziert. Gibt es einen roten Faden für derartige Entwicklungen?

Andreas Otto: Im Grunde geht es immer darum, dass Staaten die Grenzen ihrer Verschuldungsmöglichkeiten weit überschritten haben und irgendwann vor der Alternative Staatsbankrott oder Druckerpresse stehen.

Daniel Haase: Ist Dir ein historischer Fall bekannt, wo sich Regierungen, denen der Weg zur Druckerpresse offen stand, gegen Inflation und für den Zahlungsausfall entschieden hätten?

Andreas Otto: Nein. Zu wirklichen Bankrotten kam es eigentlich nur, wenn die Schulden in fremder, nicht „nachdruckbarer“ Währung bestanden, so zuletzt in Argentinien. Weder in den großen, politisch bestimmenden Staaten der Euro-Zone und erst Recht nicht in Amerika, Großbritannien oder Japan ist dies ein realistisches Szenario. Bei uns wird nicht die Regierung, sondern die Währung bankrott gehen (Hyperinflation).

Daniel Haase: Vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch. Ich freue mich schon auf Deinen Hamburger Vortrag am 8. November.

PS: Im nächsten Trendfolger (geplanter Erscheinungstermin: Freitag, 04. November 2011) können Sie Andreas Ottos gesamten Aufsatz „Das zukünftige Weltwährungssystem“ nachlesen. Melden Sie sich hierzu auf www.HaaseEwert.de zum kostenfreien Trendfolger an.

In seinem Vortrag bei der Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands e.V. in der Handelskammer Hamburg am 08. November wird Andreas Otto detailliert auf die möglichen Szenarien für ein neues Weltwährungssystem eingehen und beschreiben, wie sich Investoren hierauf vorbereiten sollten. Interessenten können sich über den folgenden Link über den Vortrag informieren und ihre Teilnahme anmelden (Erstbesucher kostenlos): http://www.vtad.de/node/1179