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Der Wahlomat ist defekt

von Wolfgang Prabel E-Mail 05.05.14 10:55:23

Nun ist der Wahlomat für die Europawahl auf Sendung.

Die Bundesszentrale für politische Bildung, eine Unterabteilung des Bundesinnenministeriums hat einen grünlastigen Fragenkatalog zusammengestellt, der nicht die Interessen der Wähler widerspiegelt. Die Wähler haben nämlich ein Interesse daran, daß die Nettolöhne endlich steigen, daß die Freiheit des Internets gesichert ist, daß die Bürger Mitsprache über Volksabstimmungen bekommen, der politische Apparat abgespeckt wird und daß die Privilegien von Politikern und Beamten verschwinden.

Im Wahlomat sind zum Beispiel folgende Forderungen aufgestellt, auf die der Wähler reagieren soll:

Es sollen EU-weite gemeinsame Bürgerentscheide eingeführt werden.
Die Europäische Union soll sich höhere Ziele zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes setzen.
Die Europäische Union soll ausschließlich ökologische Tierhaltung fördern.
Edward Snowden soll in einem EU-Mitgliedsstaat Asyl gewährt werden.
Bei der Infrastrukturförderung durch die Europäische Union: Schiene vor Straße!
Die Europäische Union soll weiterhin Produkte mit niedriger Energieeffizienz verbieten dürfen.
Die Europäische Union soll durch die Einführung eigener Steuern Teile ihres Haushaltes decken können.
Die Europäische Union soll sich langfristig zu einem europäischen Bundesstaat entwickeln.

Die Bundeszentrale hat fast alles auf den Kopf gestellt. Man denkt, die Fragen sind auf einem grünen Parteitag beschlossen worden. Extremforderungen der elitistischen Eurokraten sind der Nagel in der Wand, an dem sich der Wähler orientieren soll.

Bürgerentscheide sind ja ganz schön – aber europaweit? Haben die Leutchen von der Bundeszentrale verschlafen, daß es nicht mal europaweite Wahllisten für die Europawahl gibt? Wie sollen europaweite Kampagnen organisiert werden, wenn sich die Bürger nicht in 35 Sprachen unterhalten können? Zum Beispiel eine europaweite Abstimmung über die Größe von Toilettenspülkästen? Das macht keinen Sinn, weil es in Finnland ganz andere Wassermengen pro Einwohner gibt als in Malta. Oder ist eine europaweite Abstimmung über die Vergemeinschaftung von nationalen Schulden sinnvoll? – Nein! Bürgerentscheide auf nationaler und lokaler Ebene sind schon sinnvoll. Aber die will die Bundezentrale offensichtlich nicht.

Statt höhere Ziele für die CO2-Reduzierung aufs Korn zu nehmen, hätte man auch fordern können: „Die EU soll die Versorgungssicherheit und Sparsamkeit bei der Energieversorgung vorantreiben.“

Statt die ökologische Tierhaltung zu fördern hätte aus im Wahlomat stehen können: „Die EU soll den Verbrauchern überlassen, was sie für Fleisch essen wollen.“ Es kann ja auch sein, daß sich jemand vor Fleisch ekelt oder Biobauern für Tierquäler hält.

Statt den Verbleib von Edward Snowden zu thematisieren, wirklich ein Weg zur Abhörthematik durch die Hintertür, hätte man auch konkret eine Feststellung für die Freiheit des Internets und gegen digitale Aggression einstellen können.

Wieso hat die Bundeszentrale gegen die Straße gewütet? Sie hätte doch auch schreiben können: „Bei der Infrastrukturförderung durch die Europäische Union: Schiene und Straße vor sinnlosen Regionalflugplätzen!“

Statt des Verbots von Produkten mit irgendeiner Energieeffiezienz hätte die Feststellung heißen können: „Die EU wird zu einer Zollunion mit freien Märkten. Den Rest regeln die Nationalstaaten.“

Statt der Einführung eigener Steuern der EU zur Deckung ihres Haushaltes, wäre folgende Feststellung bürgernäher gewesen: „Es gibt keine Fraktionsgelder für das Europaparlament.“ Oder: „Die Vergütungen der EU-Beamten werden nach den Gesetzen des Arbeitsorts besteuert und nach denen des entsendenden Landes sozialversichert. Extrawürste gibt es nicht mehr. Übergangsgelder und Abfindungen für EU-Politiker und Beamte werden verboten und unter harte Strafe gestellt.“

Statt der Feststellung: „Die Europäische Union soll sich langfristig zu einem europäischen Bundesstaat entwickeln“ hätte man auch schreiben können: „ Die EU hat nur noch folgende Ressorts: Binnenmarkt und Wettbewerb, Zollunion und Betrugsbekämpfung.“

Forderungen zum politischen Apparat fehlen ganz, zum Beispiel:

„Die Vergütungen der EU-Beamten werden so reduziert, daß sie deutlich unter dem Gehalt des Bundeskanzlers liegen“
"Kontakte von EU-Parlamentariern und EU-Beamten mit Lobbyisten sind unverzüglich in eine Internet-Plattform einzustellen und für den Wähler transparent zu machen.“
„Die Diäten der Europaparlamentarier betragen einheitlich € 4.000 monatlich zuzüglich nachgewiesener Reisekosten und eines Dienstzimmers im Parlamentsgebäude. Kostenerstattung für Mitarbeiter gibt es nicht. Steuern und Sozialabgaben auf die Diäten wie bei EU-Beamten.“
„Das EU-Parlament wird auf 300 Abgeordnete verkleinert“
„Änderungen der Verträge werden durch Volksabstimmung in den Mitgliedsländern bestätigt oder auch nicht“
„Der Parlamentsstandort in Straßburg wird aufgelöst“

Ja, was hätte man alles in den Wahlomat einstellen können? Alles was den parasitären und aufgeblasenen politischen Betrieb betrifft haben die Politplaner vom Innenministerium lieber weggelassen. Andere Themenstellungen sind berührt worden, aber aus grüner Perspektive.

Trotz der manipulativen Fragen habe ich den Wahlomat-Test gemacht. Erwartungsgemäß ist das Ergebnis etwas verzerrt. Einige Parteien, die ich nicht mal mit der Kneifzange anfassen würde, kommen im Test noch mit einem blauen Auge davon. Es sind zufällig die Berliner Bundestagsparteien...

Der Autor ist Betreiber von Prabels Blog. Letzte Einträge betrafen vegetarische Hundeernährung, Nichtregierungsorganisationen und die Besteuerung von Familien.

9 Kommentare

Kommentar from: Edelweiss [Besucher]
Mein Vorschlag um den Wahl-O-Mat ihrem gewünschten Ergebnis anzupassen:
Erstellen sie einen Wahl-O-Mat mit Fragen speziell für
Neo-Rechts-Faschisten, Putins 5.Kolonne
und alle "braunen Männchen".

möchten sie ein Ergebnis wie auf der Krim?
natürlich!
85% müssen mindestens für die NPD stimmen

Wenn man nur ein bisschen von der goldenen
Oberfläche dieser Internet-Plattform abkratzt,
kommt darunter die braune Farbe zum Vorschein.

*Edelweiss*
05.05.14 @ 11:42
Kommentar from: Wolfgang Prabel [Mitglied] E-Mail
Liebes Edelweiss, ich habe die ersten 36 Jahre meines Lebens hinter Stacheldraht verbracht. Mein Bedarf an Sozialismus ist gedeckt. Der nationalsozialistische Musiklehrer hat mich übrigens immer verprügelt. Das immunisiert. Es gibt wirklich mehr Alternativen, als die NPD.
05.05.14 @ 12:39
Kommentar from: Walter [Besucher]
***--
Ich habe mir die Fragen mal angetan.
Ist ja eine Zumutung. Keine der Parteien die vorgeschlagen wurden ist wählbar.
Keine davon will die Steuern für die Bürger wirklich senken. Keine will die Subventionen für die Industrie auf null zurückfahren. Keine will was gegen das unverschämte Auftreten von nicht Deutschen unternehmen. Keine will das Auftreten der Personen eindämmen, die sich nicht einmal ihrer eigenen Geschlechtigkeit verantwortlich zeigen. Keine unternimmt etwas dageben, das Geld der Deutschen Bürger für andere Nationalitäten verbraten werden. Keine unternimmt etwas dagegen, das Politiker sich für Ihr Handeln verantworten müssen.
Ich könnte die Liste noch ellenlang fortführen...
Ist den den Wählern bewußt, dass sie mitverantortlich dafür sind was die gewählten Personen so alles anstellen. Ich glaub nicht.
mfg
W.
05.05.14 @ 15:09
Kommentar from: larry [Besucher]
"Wenn man nur ein bisschen von der goldenen
Oberfläche dieser Internet-Plattform abkratzt,
kommt darunter die braune Farbe zum Vorschein."
Nehms mal nicht übel,
aber selber bist Du von der Ansicht her "brauner" eingestellt als Du es Dir selber eingestehen willst, übrigens ein gute Sache dass man Dich vom Platz gestellt hat, geh doch Putin und die bösen Russen bekämpfen und frag Dich später einmal obs ne gute Sache war.
Vermutlich eher nicht, "braun" trägt viele Gewänder doch Du hast wohl ganz sicher eines an obwohl Du Dich hinter Legatimität verstecktst. Einfach widerlich, hinterhältig und sogar gefährlich im Gedankengang.
Larry
05.05.14 @ 19:29
Kommentar from: Edelweiss [Besucher]
Herr Prabel, leider hat es keine Aufarbeitung
der NS-Vergangenheit in der DDR gegeben, ebenso
wenig eine Aufarbeitung der darauf folgenden
"Roten" Vergangenheit.
Da sie die heute im Parlament vertretenen
Parteien nicht mit der "Kneifzange" anfassen würden, lässt ihren Wunsch erahnen.
Eine Partei in der Mitte, die ihre Anforderungen
erfüllt, kann es nicht geben. Jede Partei die
Anti-EU, Anti Euro, Anti-NATO ist, gepaart mit nationalistischen Argumenten, wird immer "Rechts" eingeordnet. Dies bedeutet für so eine Partei immer "Zulauf" von Neo-Rechts, damit diese Extremisten ihren Traum verwirklichen könnten und ein Mitspracherecht hätten.
Doch sobald sich ein Parteivorsitzender mit seinem Programm von den Träumen der Extremisten
distanziert, laufen sie weg und verstehen die Welt nicht mehr. Analysieren sie die Alternative solange sie noch existiert, denn die Vergangenheit der Parteimitglieder holt früher oder später alle diese neuen Erscheinungen am Rand ein.
Es ist die Unmöglichkeit, alle diese Randgruppen von Truthern, VT'lern, Völkischen
Nationalisten, Euro u. EU Hassern und neuerdings denen die alte Sitte der DDR-Montags-Demos okkupiert haben,
unter einen Hut zu bekommen.
Ein Konglomerat von Randgruppen das niemals homogen wird, ist immer zum Scheitern verurteilt.

*Edelweiss*

PS: wer News zur Ukraine möchte, noch bevor
sie auf pro-West od. pro-Ost (RT,Ria etc.)
verfälscht werden, bzw. nicht zu sehen sind,
bekommt diese von mir auf Twitter:
Edelweiss@AlpinEdelweiss

05.05.14 @ 23:39
Kommentar from: EUro-Allergiker [Besucher]
*****
Das "Edelweiss" ist dann wohl eher ein Giftgrün mit dunkelroten Wurzeln ;)
06.05.14 @ 01:41
Kommentar from: Bert [Besucher]
*****
@edelweiss

Ihrer Wortmeldung fehlen leider die Argumente. Sowas nennt man Wortdurchfall.
Prabel hingegen hat jeden einzelnen Punkt, nachvollziehbar, argumentiert und eine Alternative gegenübergestellt. Sie können lesen aber nicht verstehen, das ist eine spezielle Form von Analphabetismus.

Übrigens ist ihre Forderung, alles unter einen Hut zu bekommen, faschistisch. Demokratie kann nur durch die Diskussion zwischen vielen kleinen Einheiten, die sich widersprechen sollen, leben. Das ist auch der Sinn von EMRK Art.10 Abs.1.

Zitat:
Wer nur ein Quentchen Macht besitzt, begeht innerhalb einer Minute ein Verbrechen.

Das grüne Verhalten ist m.M. nach ein Lehrstück dazu.
06.05.14 @ 09:21
Kommentar from: Bert [Besucher]
*****
Noch brutaler ist der Wahlomat der EU:
http://www.euvox.eu/

Die Fragen sind sowas von hinterhältig und fies, es ist fast nicht zu glauben. Ich habe den Test für A gemacht, vielleicht sind die Fragen bei anderen Ländern etwas anders.

Jedenfalls wird jederm, der die Menschenrechte als Basis zum Ausfüllen zugrundelegt, am Schluss bestätigt, dass er ein 100%iger Nazi ist.
Da frage ich mich dann aber, warum ich die Rätediktatur nicht mag. Komisch.
06.05.14 @ 10:04
Kommentar from: Zeichner [Besucher]
"Ich könnte die Liste noch ellenlang fortführen...
Ist denn den Wählern bewußt, dass sie mitverantortlich dafür sind was die gewählten Personen so alles anstellen. Ich glaub nicht."

Dann ziehe mal von der Wählerschaft uninteressierte, ideologisierte, manipulierte und all jene, die das Geldsystem nicht verstehen ab... wie soll diese Minderheit das Ruder jemals herum reißen? Die Herrschaft der Parteien und deren "Legitimierung" durch Wahlen ist der Fehler im System.
06.05.14 @ 16:23

Der Eintrag hat 2 auf Moderation wartende Feedbacks...

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