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Freiheit oder Sozialismus

von Markus Bechtel E-Mail 07.04.12 18:50:13

Freiheit oder Sozialismus – Über das bedingungslose Grundeinkommen als marxistisches Trostpflaster des postindustriellen Zeitalters

Früher waren die marxistischen Ideologien die Trostpflaster der industriellen Revolution. Die Sozialisierung der Produktionsmittel sollte ein Paradies auf Erden schaffen. Tatsächlich hat uns der nationale wie internationale Sozialismus eine Hölle auf Erden beschert. Gibt es eine Lehre aus dieser Geschichte? Was haben uns die rund 100 Millionen Opfer des Sozialismus zu sagen? Die Antwort kann nur lauten: Freiheit statt Sozialismus!

Leider scheint diese Botschaft noch immer nicht bei allen angekommen zu sein. Auch heute feiern sozialistische Ideologien wieder fröhliche Urständ. Zwar verzichtet man auf die Sozialisierung der Produktionsmittel. Stattdessen will man „nur“ den „Zinswucher“ sozialisieren. Wirtschaftlich läuft das auf dasselbe hinaus. Das Ergebnis dieser „geschlossenen Systeme“ konnte man in der „DDR“ besichtigen. Leider scheinen das schon viele wieder vergessen zu haben.

Das aktuelle marxistische Trostpflaster des postindustriellen Zeitalters nennt sich „bedingungsloses Grundeinkommen“. In meinem Beitrag bei Kopp-Online habe ich am Beispiel des „Plan B“ der „Wissensmanufaktur“ die inneren Widersprüche dieses Konzepts dargelegt. Es läßt sich recht einfach belegen, daß das bedingungslose Grundeinkommen nicht kostenneutral finanziert werden kann:

..100,- Produktpreis brutto ohne bedingungsloses Grundeinkommen
./.50.- abzüglich der Staatsquote von 50 %
= 50,- Produktpreis netto

...50,- Produktpreis netto
+ 50,- zuzüglich 100 % "Mehrwertsteuer" für bedingungsloses Grundeinkommen
+ 50,- zuzüglich der bisherigen Staatsausgaben (wurden halt "vergessen"!)
= 150,- Produktpreis brutto mit bedingungslosem Grundeinkommen.

Das bedingungslose Grundeinkommen kann daher gerade nicht kostenneutral durch "Abgaben für fließendes Geld" finanziert werden. Das wäre sonst die Quadratur des Kreises.

Bei näherer Betrachtung ändert dieses Konzept auch nichts an den Ursachen der richtigerweise kritisierten Umverteilung von Unten nach Oben. Dieses Konzept ändert nämlich nichts an den finanzverfassungsrechtlichen, wirtschaftsrechtlichen und steuerrechtlichen Problemen. Anhand einiger Beispiele sollen daher hier konkrete Lösungsansätze behandelt werden, wie diese Fehlsteuerungen evolutionär verändert werden könnten.

I. finanzverfassungsrechtliche Probleme

Entbürokratisierung

Man predigt in Brüssel den Griechen Wasser, trinkt aber selbst in Straßburg gerne Wein. In Brüssel muß man endlich lernen, daß auch sie einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung der Mitgliedsländer zu leisten haben. So ist beispielsweise die Doppelspitze Brüssel-Straßburg so überflüssig wie ein Kropf. Auch wir mußten uns zwischen Bonn und Berlin entscheiden. Statt einen immer größeren bürokratischen Wasserkopf aufzubauen, sollte sich Brüssel an dem deutsche Föderalismus ein Beispiel nehmen und endlich mit dem Subsidiaritätprinzip Ernst machen. Auf diese Weise könnte der Personaletat innerhalb von 5 Jahren auf die Hälfte reduziert werden. Frau Merkel sollte sich daher endlich einmal ein Beispiel an der Eisernen Lady nehmen: Frau Thatcher hat in Brüssel auf den Tisch gehauen: „I want my money back!“ Der Genscherismus dagegen muß endlich ein Ende haben.

Korruptions- und Kriminalitätsbekämpfung

Für eine funktioniere Wirtschaftsordnung ist eine effektive Korruptions- und Kriminalitätsbekämpfung unerläßlich. Auch in Deutschland ist es hier nicht zum besten bestellt. Es fehlt insbesondere an einer weisungsunabhängigen Staatsanwaltschaft. Staatsanwälte müßten also genauso unabhängig sein wie Richter. Im Gegenzug müßten die Strafen für die Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Richtern und Staatsanwälten, aber auch deren Bezüge deutlich angehoben werden.

Bund-Länder-Finanzausgleich

Der Bund-Länder-Finanzausgleich führt zu dem absurden Ergebnis, daß Geberländer danach schlechter gestellt sind als die Nehmerländer. Das Empfängerland Rheinland-Pfalz leistet sich kostenfreie Kindergartenplätze. Das Geberland Hessen kann sich nach dieser sozialistischen Umverteilung solche kostenfreie Kindergartenplätze nicht mehr leisten.

Zentralbankzinssystem

Die Eurokrise zeigt recht anschaulich das Problem des Zentralbanksystems: Ein einheitlicher Zinssatz für alle ist letztlich nichts anderes als ein Geldmarktsozialismus. Für die einen ist der Zinssatz zu niedrig. Eigentlich hätte der griechische Eurozins wegen der ineffektiveren Finanzverwaltung viel höher sein müssen. Für die anderen ist der Zinssatz zu hoch. Ohne die ausländische Kreditnachfrage wäre der deutsche Eurozins noch niedriger gewesen. Dieses Problem ist uns aus dem deutschen Föderalismus bereits hinlänglich bekannt: Stichwort Bund-Länder-Finanzausgleich. Die dabei notwendigen Transferleistungen lösen also das Problem nicht. Sie verschärfen das Problem dieses Geldmarktsozialismus nur. Letztlich wurde durch den Euro das Problem der nationalen Zentralbanken nicht gelöst, sondern im Gegenteil nur europäisiert.

Haushalts- und Verschuldungsvorbehalt

Grundsätzlich müßte es dem „Staat“ verboten sein, sich zu verschulden. Für die Finanzierung der staatlichen Aufgaben sind Steuern und Abgaben da. Über die Erhebung und Verwendung der Steuern und Abgaben sollte das Volk bestimmen. In einigen Schweizer Kantonen geschieht das auch heute schon zur vollsten Zufriedenheit aller. Die Staatshaushalte wären daher vom Volk zu genehmigen, denn wir - Sie und ich - sind der „Staat“!

Wenn sich der „Staat“ ausnahmsweise einmal Geld leihen müßte, dann wäre es doch im Interesse aller, wenn dies so effizient als möglich geschehen würde. Bisher war das ausschließlich über den Umweg der Banken möglich. Die Nationalbanken verleihen dabei Geld gegen etwa 1 % Zinsen. Die Banken schlagen dann ihre Kosten und ihren Gewinn drauf. Herauskommen dann „Marktzinsen“ von etwa 5 %. Hätte sich der Staat direkt bei seinen Bürgern oder seiner Nationalbank für 1 % verschuldet, dann hätten wir wahrscheinlich überhaupt kein Staatsschuldenproblem.

Inzwischen ist es auch möglich, bei der Schuldenverwaltung des Bundes direkt Schuldscheine zu erwerben. Der EU ist diese „bankmäßige“ Verwaltung der Bundesschuldenverwaltung allerdings ein Dorn im Auge. Die Bundesschuldenverwaltung verfügt nämlich nicht über eine Banklizenz! Manche Gemeinden wollten sich auch direkt bei ihren Bürgern refinanzieren. Den Gemeinden wurde das aber verboten, weil sie sich dabei ja „bankmäßig“ betätigten, aber über keine Banklizenz verfügten. Ein Schelm, wer Arges darüber denkt?

Auch diese Neuverschuldung wäre allerdings von den Bürgern der jeweiligen Gebietskörperschaft zu genehmigen! Diese Bürger verbürgen sich ja schließlich auch dafür!

II. wirtschaftsrechtliche Probleme

Zins- und Zinseszinssystem

Leider wird bei den Plänen der „Wissensmanufaktur“ der Unterschied zwischen diesem Zinseszinssystem und dem linearen Zinssystem an sich nicht hinreichend deutlich (siehe Kopp-Beitrag).

Das Zinseszinssystem ist wie eine Lawine, die den Berg runter rollt und dabei immer größer und immer schneller wird. So schnell, daß die Realwirtschaft diesem Wachstum irgendwann nicht mehr Schritt halten kann und folglich in einem Crash enden muß. Diese Lawine kann per definitionem kein Staat der Welt aufhalten. Neue Schulden (etwa in Form staatlicher Rettungsschirme) beschleunigen diese Geldlawine im Gegenteil nur noch zusätzlich. Das ist ungefähr so, wie mit Schneekanonen auf Schneelawinen zu schießen.

Der Grund hierfür ist der Zinseszinseffekt. Schon aus finanzmathematischen Gründen kommt man früher oder später immer an den Punkt, an dem die Geldmenge stärker steigt, als die Produktion von Waren und Dienstleistungen. Der Zinseszinseffekt bedeutet exponentielles Wachstum. Jeder hat bestimmt in der Schulzeit von dem Josephspfennig gehört. Wenn nicht, dann kann man sich diesen von Dirk Müller in der Markus Lanz-Show auf youtube erklären lassen. Das exponentielle Geldmengenwachstum verhält sich gerade umgekehrt zu natürlichem, also logarithmischem (Wirtschafts-)Wachstum.

Das ist die Situation, in der wir uns seit den 70ern (Ölkrise), spätestens jedoch seit den 90ern (US-Sparkassenkrise) befinden. Bisher ist es den Industriestaaten gelungen, die zur Abwendung des eigenen Crashs erforderliche Geldmenge dadurch zu erlangen, daß man es aus den Schwellen- oder Dritte Welt Ländern wieder abzog, man also diese Länder eines nach dem anderen in den Crash laufen ließ. Inzwischen wehren sich aber immer mehr Länder erfolgreich gegen dieses perfide Spiel der Ausbeutung.

Sie werden jetzt einwenden, daß auch der lineare Zins in der vorhandenen Geldmenge nicht enthalten ist. Das ist richtig! Sie vergessen dabei jedoch, daß ein - hoffentlich - entsprechender Mehrwert an Waren und Dienstleistungen hinzu gekommen ist. Die noch übrig bleibende lineare Verzinsung des Geldes stellt ein viel geringeres Problem dar als der Zinseszins. Bei einem linearen Zins besteht zumindest die theoretische Möglichkeit, daß die Nationalbank das Geldmengenwachstums mittels der Leitzinsen regulieren kann. Bei dem Zinseszinssystem ist das dagegen denklogisch unmöglich.

Zinseszinsverbot

Das exponentielle Geldmengenwachstum kann also nur durch ein konsequentes Verbot des Zinseszinses verhindert werden. Wir müssen uns also von der Vorstellung verabschieden, daß Geld aus sich selbst heraus Geld gebiehrt.

Sie werden sich jetzt bestimmt denken: Das ist bestimmt sehr kompliziert. Dazu bräuchte es bestimmt vieler Gesetze etc. Das Gegenteil ist richtig! Denn eigentlich ist der Zinseszins bereits verboten! Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Nach § 248 Abs. 1 BGB ist

„eine im Voraus getroffene Vereinbarung, daß fällige Zinsen wieder Zinsen tragen sollen, nichtig." (vgl. A: bei Darlehen, § 1000 Abs. 1 AGBG; CH: Zinseszinsverbot für Verzugszinsen, Art. 104 OR)

Sie werden jetzt bestimmt denken: Das ist ja toll! Worin liegt dann aber das Problem? Tja, das Problem liegt darin, daß der Absatz 1 nur eine Regel darstellt. Man muß ein Gesetz aber immer erst zu Ende lesen. Der Pferdefuß liegt nämlich im Absatz 2 des § 248 BGB . Dort heißt es:

"Sparkassen, Kreditanstalten und Inhaber von Bankgeschäften können im Voraus vereinbaren, dass nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen gelten sollen. Kreditanstalten, die berechtigt sind, für den Betrag der von ihnen gewährten Darlehen verzinsliche Schuldverschreibungen auf den Inhaber auszugeben, können sich bei solchen Darlehen die Verzinsung rückständiger Zinsen im Voraus versprechen lassen." (vgl. A: bei Darlehen, § 1000 Abs. 2 AGBG)

Die Regel in Absatz 1 wird also durch die "Ausnahme" in Absatz 2 gleich wieder aufgehoben. Damit ist die "Ausnahme" des Abs. 2 faktisch zur Regel und die Regel des Abs. 1 zur Ausnahme geworden. Hier steckt also das eigentliche Problem.

Dieser § 248 Abs. 2 BGB müßte also ersatzlos gestrichen und dem § 248 Abs. 1 BGB Verfassungsrang eingeräumt werden. Die Streichung des § 248 Abs. 2 BGB wäre also ein kleiner Federstrich für den Gesetzgeber, aber ein großer Schritt für Deutschland!

Fiat-Money-Zentralbanksystem

Ein ähnliche Wirkung wie der Zinseszins hat die weitgehend unbekannte Geldschöpfung der Banken aus dem Nichts ("Fiat-Money-System"). Wenn eine Bank 100.000 Euro an einen Häuslebauer "verleiht" (Darlehen, § 488 BGB ), dann ist diese Forderung Eigenkapital der Bank. Das zur Auszahlung des Darlehens erforderliche Geld besorgt sich die Bank ihrerseits bei der Zentralbank. Die Zentralbank verlangt - wie jede andere Bank auch - eine Sicherheit. Die Bank wird also die Darlehensforderung gegen den Häuslebauer als Sicherheit vorlegen. Soweit so gut. Im Verhältnis zwischen Banken und Zentralbank ist alles ein wenig anders. Während die Bank von dem Häuslebauer Sicherheiten in Höhe von etwa 100 % verlangte, verlangt die Europäische Zentralbank (EZB ) im Verhältnis zu Banken lediglich Sicherheiten in Höhe von 1 %. Die Bank bekommt also für ihre Darlehensforderung gegen den Häuslebauer von der Zentralbank 10 Mio. Euro. Also 9.900.000 Euro sprichwörtlich aus dem Nichts. Nicht ohne Grund haben daher alle großen Konzerne eigene Banken gegründet. Wer möchte da nicht auch gerne eine Bank sein! Statt dieses Schwundgeldsystem abzuschaffen, scheint die „Wissensmanufaktur“ dieses auch noch nutzen zu wollen.

Nationalbankzinsen

Bei den Nationalbankzinsen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, daß es sich um eine verdeckte Form der Besteuerung handelt. Läuft die Wirtschaft heiß, steigen die Erträge, die dann durch die Nationalbankzinsen abgeschöpft werden. Diese Nationalbankgewinne müßten allerdings der Allgemeinheit zu Gute kommen und nicht, wie im Falle der amerikanischen FED, den beteiligten (Wallstreet-)Banken, also irgendwelchen Partikularinteressen. Immer weniger Länder sind bereit, den FED-Dollar als Reserve- und Welthandelswährung zu akzeptieren, sich also der Besteuerung durch die FED zu unterwerfen. Das war das Problem mit dem Irak und Libyen. Das ist auch das Problem bei dem Iran.

Geld als gesetzliches Zahlungsmittel

In den Artikeln der „Wissensmanufaktur“ wird behauptet, das Geld als gesetzliches Zahlungsmittel das Problem sei. Das ist bei näherer Betrachtung so nicht richtig. Gesetzliches Zahlungsmittel bedeutet lediglich, daß der Gläubiger der Kaufpreisforderung (der Verkäufer) verpflichtet ist, das gesetzliche Zahlungsmittel zum Zwecke der Erfüllung zu akzeptieren (§ 433 BGB ), sofern nichts anderes wirksam vereinbart wurde. Es ist also niemand verpflichtet, eine Sache gegen ein bestimmtes Geld zu verkauften. Der Verkäufer kann also auch eine andere Art der Erfüllung akzeptieren (z.B. noch vorhandene DM). Beide Seiten könnten ihre Waren auch tauschen (§ 480 BGB ), etwa ein Auto gegen eine bestimmte Menge Krügerrand. Diese Wahlfreiheit des Warenverkehrs gehört zum Kernbestand der allgemeinen Handlungsfreiheit. Erst wenn diese Wahlfreiheit abgeschafft wird, dann gibt es keine „freiheitliche“ Grundordnung mehr.

III. steuerrechtliche Probleme

Subsidiaritätsprinzip

Es ist grundsätzlich nichts davon zu halten, daß der Staat von dem Bürger 100 Euro Steuern abkassiert, um ihm dann nach Abzug aller Verwaltungskosten (Gehälter, Infrastruktur) vielleicht 50 Euro zurück zu geben. Bevor wir uns also über ein steuerfinanziertes Bürgergeld Gedanken machen, sollten wir erst einmal das vorhandene Steuerinstrumentarium nutzen und das selbst erwirtschaftete Existenzminimum absichern. Danach können wir uns immer noch über die Notwendigkeit eines steuerfinanzierten Bürgergeldes Gedanken machen (siehe Teil 1).

Sicherung des Existenzminimums

Wenn Sie gerade soviel verdienen, daß es Ihnen zum Existenzminimum reicht (das deutsche Steuerrecht nennt das den Grundfreibetrag), dann zahlen Sie zunächst einmal in dem betreffenden Jahr keine Steuern. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Normalerweise können Sie Werbungskosten (Abschreibungen, Fortbildungen etc.) von Ihren Einkünften steuermindernd absetzen. Jedoch nur bis zu diesem Grundfreibetrag. Wenn Sie jedoch noch weitergehende Werbungskosten haben, dann können Sie diese Werbungskosten wegen der „Steuerfestsetzung auf Null“ weder auf das vergangene Jahr zurücktragen noch auf folgende Jahre vortragen. Besonders gravierend wird dieses Problem bei den Kosten der Berufsausbildung oder des Studiums. Nach der Steuersystematik sind dies vorweggenommene Werbungskosten. Herr Schäuble weigert sich jedoch, diese Kosten als Werbungskosten anzuerkennen. Wirtschaftlich bedeutet dies, daß der Fiskus auch heute noch sehr wohl in das Existenzminimum hinein versteuert.

Familiensplitting statt Ehegattensplitting

Besonders gefährdet ist das Existenzminimum insbesondere bei Familien und Alleinerziehenden. Das selbst erwirtschaftete Existenzminimum einer Familie kann effektiv nur durch die Einführung des Familiensplittings nach Köpfen gesichert werden. Das Existenzminimum eines Kindes ist dabei mindestens genauso hoch, wie das eines Erwachsenen. Ein heranwachsendes Kind hat nur andere Bedürfnisse als ein Erwachsener. Während Sie eine Hose zwei bis drei Jahre auftragen können, so braucht ein Kind wahrscheinlich zwei bis drei Hosen pro Jahr. Bei einer 5-köpfingen Familie wären das rund 40.000 Euro steuerfrei. Einen besseren Beitrag zur Familien- und damit auch zur Wirtschaftsförderung kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen. Es ist jedoch nicht nachvollziehbar, daß die Kinder von Alleinerziehenden einmal die Renten von kinderlosen Ehegatten oder sonstigen Partnern zahlen sollen.

Beachtung des Lohnabstandsgebotes

Bei einem zu versteuernden Einkommen (zvE) von bis zu 8.004 Euro (Grundfreibetrag) jährlich fällt keine Einkommensteuer an (=Nullzone). Der 8.005. Euro wird dann mit einem Grenzsteuersatz von 14 % besteuert (=Eingangssteuersatz). Diese sprunghaft ansteigende Besteuerung führt dazu, daß eine berufliche Tätigkeit für einen arbeitslosen Sozialhilfeempfänger wenig Sinn macht. Deshalb sollte der Eingangssteuersatz mit Null % beginnen.

Beseitigung des „Mittelstandsbauches“

Die überproportional ansteigende Steuerprogression bei geringerem Einkommen benachteiligt insbesondere den Mittelstand („Mittelstandsbauch“). Stattdessen wäre eine lineare Steuerprogression bis hin zum Spitzensteuersatz erforderlich. Dies würde investierende und vorsorgende Ausgaben im Mittelstand erleichtern. Gerade dieser Mittelstand ist für die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen überproportional verantwortlich.

rechtsformneutrale Besteuerung

Es muß endlich eine wirklich rechtsformneutrale Besteuerung erreicht werden. Es darf auf der Ebene des Unternehmens also keinen Unterschied machen, ob man sich als natürliche Person bzw. Personenvereinigung oder als juristische Person betätigt.

Daher müßte die Körperschaftssteuer genauso hoch sein wie die Einkommensteuer. Auf der Ebene des Unternehmens müßte eine Einmann-GmbH also genauso viel Körperschaftssteuer zahlen wie ein Einzelunternehmer an Einkommensteuer zahlt (42 % statt nur 15 %). Nur so läßt sich die strukturelle Benachteiligung persönlich haftender Unternehmer im Wettbewerb mit juristischen Personen ausgleichen. Dann wäre auch ein allgemeiner Spitzensteuersatz von etwa 30 % für natürliche und juristische Personen denkbar.

Auf der persönlichen Ebene der Gesellschafter wäre diese Körperschaftssteuer dann als Vorauszahlung auf die persönliche Einkommensteuer anzurechnen. Die auf Unternehmensebene insoweit zu viel gezahlte Körperschaftssteuer wäre dann zu erstatten.

Bei Aktionären mit Sitz in Europa sollte die Körperschaftssteuer durch Doppelbesteuerungsabkommen den Steuerkonten des Wohnsitzstaates gutgeschrieben werden, wenn dies auf Gegenseitigkeit geschieht und dadurch die Besteuerung gewährleistet ist. Bei anderen Aktionären, insbesondere mit Sitz in einer Steueroase, sollte dagegen die Besteuerung in Deutschland erfolgen. Andernfalls wären deutsche Aktionäre benachteiligt.

Entglobalisierung

Die Regeln der internationalen Konzernbilanzierung und -besteuerung führen dazu, daß in Deutschland die Kosten steuerlich geltend gemacht werden, die Gewinne jedoch in Niedrigsteuerländer verlagert werden. Opels roten Zahlen beruhen wohl auch darauf, daß die Forschung, Entwicklung und Erprobung für den gesamten GM-Konzern in Deutschland stattfindet. Durch die Geltendmachung dieser Betriebsausgaben in Deutschland subventioniert der deutschen Steuerzahler letztlich die übrigen GM-Töchter im Ausland. Derartige Betriebsausgaben wären daher der Konzernmutter in Amerika zuzurechnen. Dann sähen die Zahlen bei Opel schon ganz anders aus.

Wiedereinführung der Börsenumsatzsteuer (Finanzmarkttransaktionssteuer)

Es bedarf in diesem Zusammenhang auch dringend einer Börsenumsatzsteuer. Es darf doch kein Unterschied machen, ob ich persönlich ein Grundstück oder eine Aktiengesellschaft kaufe, deren Gesellschaftsvermögen in einem Grundstück besteht. Im ersten Fall fällt Grunderwerbssteuer an, im zweiten Fall nicht. Wenn ich ein Auto kaufe, dann muß ich Umsatzsteuer („Mehrwertsteuer“) zahlen. Wenn ich dagegen eine Aktiengesellschaft erwerbe, deren Gesellschaftsvermögen in einem Auto besteht, dann zahle ich keine „Mehrwertsteuer“. Weshalb wehren sich wohl die Banken mit Händen und Füßen gegen die Wiedereinführung dieser Steuer? Weil sie die Kosten ihrer Rekapitalisierung auf die Allgemeinheit abwälzen wollen. Das ist aber selbst „vernünftigen“ Parteien kaum zu vermitteln.

Wertschöpfungsorientierte Grundsteuer

Die Grundsteuer sollte sich nicht mehr nach den überholten Einheitswerten, sondern nach dem realen Bodenwert und damit der wahrscheinlich zu erzielenden Rendite bemessen. Dadurch würden Landwirte und Selbständige eher entlastet, Banken und Konzerne dagegen eher belastet. Da die Bodenrichtwerte ohnehin von den Behörden erfaßt werden, könnte die Erhebung der Grundsteuer sehr einfach umgestellt werden. Auch das wäre ein Beitrag zum Abbau von unnötiger Bürokratie.

Umsatzsteuer

Ein Kuriositätenkabinett der ganz besonderen Art ist die Umsatzsteuer ("Mehrwertsteuer"). Es gibt dabei Steuerbefreiungen für besonders sozial bedeutsame Umsätze (§ 4 UStG), den ermäßigten Steuersatz von 7 % für andere sozial bedeutsame Umsätze (§ 12 Abs. 2 UStG) und den Normalsteuersatz von 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG). Welche Umsätze in unserem Lande von sozialer Bedeutung sind und welche nicht, das kann man der Anlage 2 des Umsatzsteuergesetztes entnehmen. Steuerbefreit sind zum Beispiel Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen. Unter den ermäßigten Steuersatz fallen immerhin Rennpferde, Tiernahrung, Übernachtungen und Speisen, die nicht an Ort und Stelle verzehrt werden (Pizza to go). Für Babynahrung, Windeln und Speisen zum gastronomischen Verzehr (Pizza beim Italiener) ist dagegen der Normalsteuersatz zu entrichten. Diese offensichtlichen Fehlsteuerungen lassen sich auch durch ein bedingungsloses Grundeinkommen leider nicht beheben.

Zusammenfassung

Die Macher der „Wissensmanufaktur“ haben zwar einige Symptome unserer fehlerhaften Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung richtig erkannt. Das vorgeschlagene bedingungslose Grundeinkommen ist jedoch aus den in meinem Kopp-Beitrag genannten Gründen ein ungeeigneter Lösungsvorschlag. Die eigentlichen finanzverfassungsrechtlichen, wirtschaftsrechtlichen sowie steuerrechtlichen Probleme bleiben in den Plänen der „Wissensmanufaktur“ weitgehend ungelöst. Das inzwischen von der “Wissensmanufaktur” initiierte “Rinks-Lechts”-Spiel ist daher nichts anderes als ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver. Für einen freiheitsliebenden Menschen stellt eine „Wissensmanufaktur“-Kolchose daher keine ernstzunehmende Alternative dar.

Markus Bechtel

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