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Halbe Wahrheiten und ganze Lügen

von Markus Bechtel E-Mail 30.03.13 23:48:19

"… Du sollst nicht stehlen; du sollst nicht falsch Zeugnis reden; du sollst niemand täuschen; ..." [1]
***
Leider beobachtet man unter esoterischen Wirtschaftskritikern immer häufiger, daß sie mit zweierlei Maß messen. Einerseits beklagen sie, daß Konzerne und Regierung immer dreister in die Taschen der Bürger greifen. Andererseits stellen sie es dann aber als heroische Großtat dar, wenn private Investoren durch Regierungen um ihre Investitionen gebracht werden. Unter dem Deckmäntelchen der „Aufklärung“ wird dabei immer offener sozialistische Klassenkampf-Propaganda betrieben. Besonders häufig und besonders unrühmlich tun sich dabei immer öfter auch Theologen hervor. Einer der jüngsten Fälle stellt die Veröffentlichung eines Schweizer „Bibellehrers“ dar, der den Wasserkrieg in Bolivien in einer seiner jüngsten Veröffentlichungen als Sieg der Bolivianer darstellt.

Stimme …

„Die Weltbank (!) hat die Privatisierung des Wassers in Cochabamba, der drittgrößten Stadt Boliviens, zur Bedingung für weitere Kredite an die Regierung gemacht. Hinter verschlossenen Türen wurde Ende 1999 ein Vertrag mit 40- jähriger Laufzeit mit einem ausländischen Konzern -- wie sich später herausstellte, war es der US-Konzern Bechtel (!) -- geschlossen, der die Enteignung gemeinschaftlich errichteter und genutzter Brunnen beinhaltete. Nun musste die Bevölkerung bis zu einem Viertel ihres Einkommens für Wasser zahlen. Der Vertrag untersagte auch, Wasser aus anderen Quellen einschließlich Regenwasser (!) zu nutzen. Die Regierung setzte sogar die Polizei ein, um den Vertrag gegen die Proteste im Land durchzusetzen. Obwohl Hunderte Menschen verletzt und sogar einige getötet wurden, kämpfte das Volk, bis es Polizei und Militär vertrieben hatte. Auch der US-Konzern Bechtel verließ das Land. Dazu sagte Oscar Olivera von der Koalition zur Verteidigung des Wassers in Bolivien: „Im Wasserkrieg haben die Menschen gezeigt, dass es möglich ist, sich gegen die Privatisierungsstrategien der Weltbank und der Konzerne zu wehren. Sie haben gezeigt, dass es möglich ist, sich zu organisieren, zu verbünden, Ängste zu überwinden -- und zu gewinnen." [2]

… und Gegenstimme

Selbst wenn wir hier die Wahrhaftigkeit dieser Darstellung unterstellten, könnten wir hier dann wirklich von einem „Wasser-Sieg“ der Bolivianer sprechen? Oder ist dieser „Wasser-Sieg“ der Bolivianer nicht vielmehr ein tödlicher Pyrrhussieg?

Wie so oft in solchen Fällen, so hilft auch hier eine ganz einfache Frage weiter: Cui bono? Wem nützt es? Wem nützt es wirklich? Welche Folgen wird dieser sozialistische „Sieg“ haben? Für den bolivianischen Staat und für die bolivianischen Bürger.

Dieser sozialistische „Sieg“ wird international wie national eine ganz fatale Signalwirkung entfalten. Die entschädigungslose Enteignung eines privaten Investors durch Bolivien stellt nämlich die gesamte bolivianische Rechtsordnung in Frage.

Es war die bolivianische Regierung selbst, die das marode bolivianische Wassernetz an einen ausländischen Investor veräußert hat, um sich damit dieser wirtschaftspolitischen Verantwortung zu entledigen. Die bolivianische Regierung hatte weder die Mittel, das vorhandene Wassernetz instand zu halten, noch vorhandene Versorgungslücken zu schließen. Viele mußten ihr Trinkwasser, wie der Artikel richtig bemerkt, aus irgendwelchen dreckigen Wasserlöchern schöpfen. Mit allen damit verbundenen Folgen für das Leben und die Gesundheit. Die bolivianische Regierung war also außerstande, ein für alle Bolivianer preiswertes und vor allem sicheres Wassersystem zu gewährleisten. Deshalb hat sie ihr Wassernetz mit Unterstützung der Weltbank an die besagte amerikanische Baufirma Bechtel veräußert. Diese sollte also das Wassernetz erneuern und für 40 Jahre betreiben. Danach sollte das Wassernetz wieder an den bolivianischen Staat zurückfallen.

Wenn dieser amerikanische Investor nun entschädigungslos enteignet wird, dann bedeutet dies nichts anderes, als daß der bolivianische Staat damit die privatrechtliche Eigentumsordnung in Bolivien in Frage stellt. Rechtsverbindliche Vereinbarungen sind in Bolivien also nicht einmal mehr das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen.

Diese Enteignung eines privaten Investors hat zunächst einmal eine ganz fatale Auswirkung innerhalb Boliviens selbst. In Bolivien selbst wird damit zunächst das Vertrauen in die Investitionssicherheit von Investitionen jedweder Art zerstört. Alle Bolivianer müssen nun damit rechnen, daß die bolivianische Regierung mit ihnen genauso verfährt. Getreu dem Motto: Ist der Ruf erst einmal ruiniert, dann lebt es sich gänzlich ungeniert. Die Bolivianer werden also einen Teufel tun, in die Infrastruktur des Landes zu investieren. Stattdessen werden sie ihre Ersparnisse und Erträge ins vermeintlich sicherere Ausland transferieren.

Diese Enteignung eines privaten Investors wird aber auch außerhalb Boliviens eine fatale Signalwirkung entfalten. Jeder Investor wird in Zukunft um Bolivien einen großen Bogen machen. Dies wird seinerseits eine ganz fatale Auswirkung auf das Land haben. Wenn die internationalen Investoren ausbleiben, dann können die Bolivianer ihr Vermögen auch nicht mehr verkaufen und so außer Landes fliehen. Das Land hat sich damit selbst vom internationalen Kapitalmarkt aus- und im inländischen Kapitalmarkt eingeschlossen.

Die nun fehlenden in- und ausländischen Reinvestitionen haben dann eine ganz fatale Auswirkung auf die Infrastruktur des Landes. Die fehlenden Reinvestitionen führen insbesondere dazu, daß das bereits geschaffene neue Trinkwassersystem weder gewartet noch unterhalten wird. Die ursprünglich geplante Erweiterung des Trinkwassersystems wird damit undenkbar. Seit 2001 ist Einwohnerzahl der Stadt Cochabamba, dem Schauplatz des Guerra del Agua („Wasserkrieg“) von 516.683 auf 650.038 gestiegen [3]. Die inkompetente, korrupte und überschuldete bolivianische Regierung wird dieses Problem mit ihren sozialistischen Methoden bestimmt nicht in den Griff bekommen. In wenigen Jahren wird also nicht nur das Trinkwassersystem, sondern die gesamte Infrastruktur Boliviens vollends auf den Hund gekommen sein. Wir werden dann auch in Bolivien die „blühenden Landschaften“ bestaunen können, die wir bereits vor rund 20 Jahren in der „Ostzone“ bestaunen durften. Spätestens dann wird man realisieren, daß der Sieg im Wasserkrieg Boliviens in Wahrheit ein tödlicher Pyrrhussieg gewesen ist. Den Ast, auf dem man sitzt, sollte man besser nicht absägen.

Dieses Problem stellt sich übrigens auch in Deutschland genauso. Auch in Deutschland wurden die Rücklagen und Gewinne der kommunalen Versorger nicht in die Infrastruktur reinvestiert. Sie wurden vielmehr in die kommunalen Haushalte überführt und dort für andere Zwecke zweckentfremdet. Nun ist die Infrastruktur vielerorts ähnlich marode wie in Bolivien. Die Kosten der Wiederherstellung der Infrastruktur können nun entweder über steigende Steuern und Abgaben oder eben über höhere Wassergebühren finanziert werden. Dabei spielt es dann überhaupt keine Rolle, ob die Versorgung öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich aufgebaut und betrieben wird. Solange diese Fragen nicht geklärt sind, kann man sich so heuchlerische Diskussionen wie „Wasser ist ein Menschenrecht!“ getrost sparen. Das Geld, das wo anders ausgegeben wird, fehlt dann eben für Wasser. Denn Geld kann man nur einmal ausgeben! Mögen auch manche Geldsozialisten etwas anderes behaupten.

Besonders heuchlerisch ist der Artikel aber auch deshalb, soweit er das Verbot der Regenwassernutzung kritisiert. Die Versorgung mit Trinkwasser war auch in Deutschland, Österreich und der Schweiz noch bis zur vorletzten Jahrhundertwende ein großes Problem. So konnten sich z. B. viele Bauern auf der Schwäbischen Alb einfach keinen Brunnen leisten. Daher waren sie auf das Brackwasser von ihren Dächern angewiesen. Wenn Sie einmal eine solche Regentonne gesehen haben, dann können Sie sich vielleicht vorstellen, welche fatalen Folgen dieses Brackwasser für das Leben und die Gesundheit dieser Bauern hatte. Aus genau diesem Grunde hatte man bei uns den sog. Anschluß- und Benutzungszwang eingeführt. Der Sinn und Zweck eines Anschluß- und Benutzungszwangs erschöpft sich eben nicht nur darin, daß sich die Lasten auf möglichst viele Köpfe verteilen. Lediglich in den Fällen, in denen ein Anschluß auch für die Gesamtheit der Gemeinschaft zu unvertretbar hohen Kosten führen würde, wird auf einen Anschlußzwang verzichtet. Daran zeigt sich, daß die esoterischen Wirtschaftskritiker des Verbotes der Regenwassernutzung nicht konsequent genug nachgedacht haben. Denn eigentlich entspräche der Anschluß- und Benutzungszwang doch gerade ihrer sozialistischen Denkweise. Die Kritik des Verbotes der Regenwassernutzung ist also nichts anderes als ein intellektueller Rohrkrepierer. Wer aber immer nur „intuitiv“, also mit dem Bauch „denkt“, von dem darf man derartige intellektuelle Leistungen allerdings auch nicht erwarten.

Besonders dreist ist dieser Artikel aber auch deshalb, weil darin die Weltbank und die Baufirma Bechtel einfach in einen Topf geworfen werden. Dabei ist offensichtlich, daß beider Interessen durchaus nicht identisch sind. Die Weltbank verfolgt nicht nur wirtschaftliche, sondern vor allem auch politische Interessen. So hat der „Economic Hit Man“ John Perkins in seinem Buch dargestellt, daß viele Entwicklungsprojekte nicht den Entwicklungsländern, sondern nur den beteiligten Banken nützen. Die überzogenen Kredite dienen nicht der Entwicklung dieser Entwicklungsländer, sondern im Gegenteil ihrer Ausbeutung. Vielfach dienen die meisten Weltbank-Projekte auch gar nicht diesen Entwicklungsländern, sondern lediglich globalen Konzernen. Der Artikel suggeriert nun, daß dies auch auf das Wasserprojekt in Bolivien zuträfe. Es ist aber in keinster Weise nachvollziehbar, welches über die Eigenkapitalrendite hinausgehende Interesse die Baufirma Bechtel haben sollte. Eine langfristige Bindung von 40 Jahren zeugt im Gegenteil von der Ernsthaftigkeit und Seriosität der Firma. Eine derart langfristige Selbstverpflichtung kann man bei anderen globalen Unternehmen mit der Lupe suchen. Eigentlich hätten die Bolivianer daher nicht die Firma Bechtel, sondern vielmehr ihre inkompetente und korrupte Regierung außer Landes jagen sollen! Stattdessen haben sie sich für das „kostenlose“ Brackwasser entschieden. Diese kurzsichtige Entscheidung wird nicht wenigen das Leben kosten. Denn das Leben ist nun einmal nicht kostenlos!

Daß es in diesem Artikel aber auch gar nicht um eine neutrale und ausgewogene Berichterstattung geht, das sieht man bereits am Anfang des Artikels. Darin wird die Baufirma Bechtel als „US-Konzern“ bezeichnet. Damit suggeriert der Artikel dem ahnungslosen Leser, daß es sich bei der Baufirma Bechtel um ein börsennotiertes Aktienunternehmen, also um eine amerikanische Heuschrecke handele. Eine „Corporation“ ist aber erst einmal nur ein Unternehmen. Eine „Corporation“ kann ein Konzern sein. Sie muß aber kein Konzern sein. Tatsächlich handelt es sich bei der „Bechtel Corporation“ um ein traditionelles Familienunternehmen, das bereits in der 4. Generation als solches geführt wird. Bei dieser Firma werden seit je her Fairness und Sicherheit großgeschrieben. Sowohl gegenüber seinen Geschäftspartnern als auch gegenüber seinen Mitarbeitern. Das bedeutet natürlich nicht, daß seitens der Firma Bechtel in der Vergangenheit durch ihre große Staatsnähe keine Fehler gemacht worden wären. Sicher, Engel sind diese Leute bestimmt nicht. Wer aber ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein! [4] Wenn Sie sich ein eigenes Bild von der „Bechtel Corporation“ und ihrem Selbstverständnis machen wollen, dann schauen Sie sich einfach mal ihren YouTube-Kanal an [5].

Der Schweizer „Bibellehrer“ könnte sich davon sicherlich einige Scheiben abschneiden. Nirgends sonst habe ich so viele halbe Wahrheiten und ganze Lügen erfahren. Wie heißt es doch so treffend? An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen [5]: Vor einigen Monaten habe ich in meinem GS-Beitrag „Denken macht frei“ [7] nachgewiesen, daß das „Märchen vom fehlenden Zins“ in dem Comic-Film „Die Geschichte vom Goldschmied Fabian“ [8] in der Tat eine sozialistische Propagandalüge ist. Kurze Zeit später teilte mir eine Mitarbeiterin des Schweizer „Bibellehrers“ mit, man habe meine Mails „ungelesen gelöscht“ [9]. Sein Distriktleiter schrieb mir kürzlich: „ich werde Dich gerne ... beliefern, aber mit Dir irgendwelche Diskussionen führen möchte ich nicht.“ [10] Gleichzeitig wird zu „Meinungsfitnessabenden“ eingeladen, auf denen „Die Geschichte vom Goldschmied Fabian“ als „Aufklärung“ (sic!) propagiert wird [11]. Sie wissen die Wahrheit, aber sie glauben der Lüge! Eine deutsche Ärztin nannte ein solches Verhalten auch „Induziertes Irresein durch Okkultlehren“ [12]. Wenn man sich nämlich die Blutspur des Marxismus und seiner international- bzw. nationalsozialistischen Abkömmlinge in den letzten 100 Jahren betrachtet, dann stellen sich diese zweifellos als Okkultlehren dar. Es wäre daher sehr zu begrüßen, wenn diese fabianischen „Bibellehrer“ endlich auf diese Okkultlehren verzichten würden. Bei diesen fabianischen „Bibellehrern“ werden Sie daher meine Gegenstimme auch in Zukunft leider vergeblich suchen!

Ich kann mir dieses Urteil erlauben, weil ich mir beide Seiten angehört habe. Getreu dem alten Rechtssatz: Audiatur et altera pars! [13] Dabei mußte ich jedoch wieder einmal die sehr schmerzliche Erfahrung machen, daß der Feind meines Feindes noch lange nicht mein Freund sein muß!

Nun aber genug meiner Osterpredigt. Allen GS-Leserinnen und -Lesern noch ein frohes und besinnliches Osterfest! Bleiben Sie frei!

[1] Markus 10, 19
[2] http://www.youtube.com/watch?v=YGCzDhXFGJ4
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Cochabamba
[4] Johannes 8, 7
[5] Bechtel Corporation, http://www.youtube.com/watch?v=VLdNo__e14U
[6] Matthäus 7, 20
[7] bei GS veröffentlicht am 16.08.12
[8] http://www.youtube.com/watch?v=nxkI_oCKdfY
[9] Mail vom 8.11.2012
[10] Mail vom 4.03.2013
[11] Mail vom 26.03.2013
[12] lat. occultus ‚verborgen‘, ‚verdeckt‘, ‚geheim‘
[13] lat. für „Gehört werde auch der andere Teil.“ bzw. „Man höre auch die andere Seite.“

Anmerkung: Die Kommentare von Pseudonymen werden nicht mehr bearbeitet.

© Markus Bechtel 2013. Alle Rechte vorbehalten.
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23 Kommentare

Kommentar from: Egon [Besucher]
Das Verbot der Regenwassernutzung wie auch anderer Quellen ist genau so wie ein Anschluß- und Benutzungszwang eine unzulässige Beschneidung persönlicher und bürgerlicher Rechte und Freiheiten.
Das wäre genaus so als würde man die Benutzung von Messern verbieten weil ja damit jemand zu Schaden kommen könnte und das Portionieren von Lebensmitteln exklusiv an eine Firma geben.

Auf der einen Seite den freien Markt und Rechtsverbindlichkeit einfordern und auf der anderen Seite sozialistischen Zwang einsetzen wollen ist einfach nicht korrekt. Insofern ist diese Denkweise nicht kongruent.

Die Verantwortlichen sollten sich nicht wundern wenn dann so etwas dabei herauskommt, auch wenn es vielleicht vordergründig von Nachteil ist. Wir lassen uns auch viel zu viel gefallen.

Antwort MB:
Das Verbot der Regenwassernutzung als Trinkwasser ist verfassungsrechtlich KEINE unzulässige Beschneidung persönlicher und bürgerlicherlicher Rechte. Das sehen Sie leider völlig falsch. Diese Freiheitsrechte können eingeschränkt werden, wenn dies im allgemeinen öffentlichen Interesse liegt. Die allgemeine Gesundheitsvorsorge und die Seuchenbekämpfung liegen eindeutig im öffentlichen Interesse. Niemand kann mehr die Seuchen des Mittelalters wollen. Diese Dikussionen haben schon unsere Urgroßväter geführt. Diese Ziele sind legitim und im Vergleich zu der Beeinträchtigung Ihrer Freiheit auch angemessen. Sie haben sich daher nicht ohne Grund für den Anschluß- und Benutzungszwang entschieden. Dies war nicht immer einfach. Der Erfolg hat uns aber Recht gegeben. Zumindest im Hinblick auf Wasser gibt es zu einem Anschluß- und Benutzungszwang keine Alternative.
Bei anderen Wirtschaftsgütern (Strom, Gas, Telekommunikation) sieht das schon wieder ganz anders aus. Da bin ich dann wieder mit Ihnen d'accord.
31.03.13 @ 03:26
Kommentar from: Achim [Besucher]
An einer gestohlenen Sache kann man kein Eigentum erwerben. Folglich ist auch kein Konzern enteignet worden.

Antwort MB:
Wie kommen Sie darauf, daß die Baufirma das Leitungsnetz von Cochabamba "gestohlen" hat? Die haben m.W. doch dafür noch Geld bezahlt. Ich hätte das marode Leitungsnetz noch nicht einmal geschenkt übernommen. Insbesondere nicht in Anbetracht der notwendigen Erweiterungen durch das starke Bevölkerungswachstum. Letztlich waren die Politiker doch froh, daß sie diese Verantwortung los waren. Dann konnten sie der Baufirma den Schwarzen Peter für die notwendigen Gebührenanhebungen zuschieben. Das ist die altbekannte "Haltet den Dieb"-Strategie, auf die Sie gerade hereingefallen sind.
P.S. Ein Diebstahl im Sinne von § 242 StGB ist nur an beweglichen Sachen möglich. Bei dem Leitungsnetz von Cochabamb handelt es sich jedoch zweifellos nicht um eine bewegliche Sache.
31.03.13 @ 10:43
Kommentar from: zebraberny [Besucher]
Ich möchte erst einmal einige ihrer unsachlichen Äußerungen kritisieren:
Scheinbar wissen sie nicht viel über den Begriff "Brackwasser". Sie sollten sich darüber informieren, insb. da sie diesen Begriff als Qulitätsmerkmal misbrauchen.
Ihr Gebrauch des Wortes "Biebellehrer" ist offensichtlich unsachlich diffamierend gemeint, wobei unklar ist, was das bedeuten soll.
Die Wasserqulität der in der Regel eigenen Brunnen in der Landwirtschaft war lage Zeit außerordentlich gut. Der verstärkte Dügereinsatz hat vielerorts den Anschluß an öffentliche Netze notwendig gemacht. Die Behauptung, dass der Gebrauch von Regenwasser Krankheiten verursacht ist ebenso irreführend wie Regenwasser als Brackwasser zu bezeichnen.
Das dürfte in Bolivien nicht anders sein. Alle privaten Brunnen dort als unrein zu verteufeln und die Enteignung zum Schutz der Nutzer zu verlangen, könnten auf ein Eigeninteressen schliessen lassen. Privatisier alles, damit man aus allem ein Geschäft machen kann.

Antwort MB:
Brackwasser ist zumindest kein Trinkwasser. Insofern ist die Verwendung dieses Begriffes durchaus richtig und angemessen. Schauen Sie sich doch mal das Wasser einer Regentonne an. Aber bitte nur anschauen, NICHT trinken! Spätestens dann wissen Sie, wovon ich hier rede! Das Problem stellt sich auch in Deutschland genauso wie in Bolivien.
Der Begriff "Bibellehrer" ist ebenfalls richtig und angemessen, da die betreffende Person sich selbst genau so bezeichnet. Das ist ganz und gar nicht unsachlich und diffamierend gemeint. Im Gegenteil.
Früher hat sich niemand um die privaten Brunnen gekümmert. Die wenigsten Leute dürften geahnt haben, was sie da getrunken haben. Im Mittelalter waren daher Epedemien und Seuchen an der Tagesordnung. Das hat sich heute, Gott lob, durch das öffentliche Trinkwassernetz und dem Anschluß- und Benutzungszwang geändert!
Die Wasserwerke waren für die Kommunen bislang ein einträgliches Geschäft. Die Überschüsse haben die defizitären Haushalte saniert. Ob das Private besser machen können, das ist in der Tat eine ganz andere Frage. Die Geschäftemacherei können Sie jedoch hüben wie drüben nicht ausschließen.
31.03.13 @ 14:09
Kommentar from: Mongole [Besucher]
Dieser Artikel ist infam. Hierin wird alles, was nicht in das Ausbeutungsschema des Autors passt, als 'sozialistisch' abgestempelt. Hier wird das Hohelied des Kapitalismus gesungen und die Ausplünderung der Menschheit bejubelt. Selbst das Regenwasser und die Luft zum Atmen, - da es ohne die Gnade der Plutokraten ja doch keine saubere Luft mehr gäbe - soll privaten Multis zugeschustert werden, nachdem planmäßig Wasser und Luft vergiftet, die Staaten durch die Banken verarmt und damit sturmreif geschossen wurden. Das einzig, was man dem Autor zugestehen mag, ist bodenlose Naivität.

Antwort MB:
Sehr geehrter Herr Gerhard,
ich habe mir lange überlegt, was ich zu diesem Kommentar schreiben soll. Ich will es folgendermaßen versuchen:
Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, der wird feststellen, daß Ausbeutung immer in wohlfeile Worte gekleidet wird: Bankenrettung, erneuerbare Energien, Rundfunkbeiträge, etc. pp. Es sind dabei gerade die "Plutokraten", die sich dabei als Retter der Menschheit ausgeben. Im Namen der Gerechtigkeit und der Solidarität wälzen sie ihre Verantwortung auf die Gesellschaft ab. Sie sozialisieren ihre Risiken auf dem Rücken der Allgemeinheit. Das ist eine ganz perfide "Haltet den Dieb"-Strategie. Das ist aber nun einmal nichts anderes als Sozialismus. Das hat mit Kapitalismus Null Komma Nichts zu tun. Denn im Kapitalismus müßten diese "Plutokraten" ihre Risiken selber tragen. Dann wären die "Plutokraten" nämlich ganz schnell pleite. Denn dann gäbe es nämlich keine Bankenrettungen etc. ... Ist das denn wirklich so schwer zu verstehen? Daß uns Karl Marx nach Strich und Faden für dumm verkauft hat?
Im vorliegenden Fall geht es ausnahmsweise einmal nicht um Ausbeutung. Es geht vielmehr darum, wie die Kosten der Gesundheitsvorsorge und der Gefahrenabwehr von Seuchen aufgebracht werden sollen. Diese Frage würde sich auch dann stellen, wenn die bolivianische Regierung noch selbst für das Leitungsnetz verantwortlich wäre. Wer hätte denn nach ihrer Meinung die Kosten der Anschlüsse für die dramatisch wachsende Bevölkerung der Stadt Cochabamba tragen sollen? Etwa die Baufirma selbst? Ist das Ihr Ernst? Das wäre in der Tat "infam".
Denken Sie also bitte das nächste Mal erst einmal nach, bevor Sie hier Ihre derart "bodenlos naive" Klassenkampfpropaganda abladen.
Mit freundlichen Grüßen
MB
31.03.13 @ 14:09
Kommentar from: Bettina Berens [Besucher]
Eine Lüge wird keine Wahrheit, auch wenn sie alle glauben.

Wenn es Recht ist, etwas sein Eigen nennen zu können, kann Enteignung nur zu Verwerfungen führen.

Erst wenn besitzen auf Zeit zum Nutzen aller zur Norm wird, wird es keine Kriege mehr geben.

Antwort MB:
Sehr geehrte Frau Berens,
den ersten beiden Sätzen kann ich nur beipflichten. Den letzten Satz müßten Sie mir allerdings erläutern. Unser Leben ist endlich. Also ist auch der Besitz endlich. Weshalb sollte es deshalb keine Kriege mehr geben?
Mit freundlichen Grüßen
MB
31.03.13 @ 16:18
Kommentar from: Andreas Brexler [Besucher]
Seit längerer Zeit lese ich die Beiträge von Markus Bechtel mit großem Unbehagen. Auf berechtigte Kritik an seinem Gedankengut wird nicht eingegangen, Kritiker werden niedergemacht. Es paßt genau zu seiner bisherigen Linie, wenn er jetzt die Wasserprivatisierung verteidigt, die dazu führt, dass viele Leute sich Wasser nicht mehr oder nur noch unter großen Entbehrungen leisten können. Dass die Nutzung von Regenwasser tödlich sein soll, ist doch wohl der Gipfel.

Antwort MB:
Sehr geehrter Herr Brexler,
Ihnen scheint entgangen zu sein, daß die meisten Wasserwerke in Deutschland bereits seit Jahrzehnten privatrechtlich organisiert sind. Und das war auch gut so. Es ist auch in Ihrem Interesse, daß diese Wasserwerke sicher UND wirtschaftlich betrieben werden. Und dabei gerade nicht zum Spielball lokalpolitischer Interessen werden.
Angesichts leerer Kassen der Kommunen ist jedoch zu befürchten, daß eine weitergehende Privatisierung auf uns zu kommt. Gegen DIESE Privatisierung habe ich, wie Sie, erhebliche Vorbehalte. Mir geht es keineswegs um eine Überführung der Stadtwerke in Privateigentum. Unterstellen Sie mir bitte nicht Dinge, die ich so nicht vertreten habe. Es kann gerade nicht sein, daß sich die öffentliche Hand, wie in Bolivien, ihrer Verantwortung auf diese Weise entledigt. Es kann insbesondere nicht sein, daß die privaten Betreiber sowohl die Erstellung und den Betrieb der Anlagen selbst finanzieren müssen. Denn dann bleibt ihnen doch gar nichts anderes übrig, als die Wassergebühren zu erhöhen. Wenn das keine Heuchelei sein soll, was soll es denn dann sein? Sie müssen die Kirche schon im Dorf lassen!
Ich habe auch überhaupt nichts dagegen, daß Sie Ihr Regenwasser im Garten zum Gießen verwenden. Bei dem Verbot der Regenwassernutzung geht es jedoch um die Verwendung als Trinkwasser. Wenn Sie nicht Zustände wie im Mittelalter haben wollen, dann kommen Sie bei der Trinkwassernutzung um ein Verbot der Regenwassernutzung nicht herum. Sie können ja mal versuchen, eine solche Anlage genehmigt zu bekommen. Wenn Sie eine solche Anlage genehmigt bekommen haben, dann würde mich interessieren, was Sie diese Anlage in Anschaffung und Unterhalt gekostet hat. Ich gehe davon aus, daß der normale Wasseranschluß sehr viel billiger und sehr viel sicherer gewesen wäre.
Ich gehe weiterhin davon aus, daß dies auch in Bolivien der Fall wäre. Die Bolivianer wären also mit Wasseranschluß wesentlich besser gestellt also ohne.
Mit freundlichen Grüßen
MB
31.03.13 @ 21:36
Kommentar from: Achim [Besucher]
Es ist bloß bedauerlich das in Bolivien der Souverän Ihre Meinung nicht teilt. In Portugal ist gleiches zu beobachten. 400% Preissteigerung und die Macht über ein Allgemeingut sind nicht zu verantworten. Zudem gibt es in Grundgesetz den schönen Satz "Eigentum verpflichtet". Wenn ich Ihre Meinung teilen würde stünde dort "zu nichts".

Antwort MB:
Nein, das steht nicht im Grundgesetz. Im Grundgesetz steht nur, daß ich mich auch an den gemeinschaftlichen Aufgaben der Allgemeinheit zu beteiligen habe ("zugleich" in Art. 14 Abs. 2 GG). Im Grundgesetz steht nicht, daß die Stadtwerke oder ich Ihnen einen kostenlosen Wasseranschluß zur Verfügung zu stellen haben. Das wäre ein klarer Eingriff in den Kernbestand des Eigentumsrechtes. Dann könnten Sie Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG auch gleich ganz streichen.
Das Problem liegt ganz wo anders: Durch die Veräußerung der Anteile der Stadtwerke hat sich die öffentliche Hand ihrer Verantwortung entzogen. Daß die privaten Betreiber jetzt die Gebühren und Beiträge erhöhen müssen, beruht auf den Versäumnissen der öffentlichen Hand in der Vergangenheit. Sie können von den privaten Betreibern jetzt nicht erwarten, daß sie diese Suppe nun auslöffeln sollen. Die Privaten sind nicht verpflichtet, sich in die Pleite treiben zu lassen. Das gab es früher in der "Ostzone". Das steht aber nicht im Grundgesetz. Lesen Sie es einmal selbst nach:
http://dejure.org/gesetze/GG/14.html
http://dejure.org/gesetze/GG/15.html
01.04.13 @ 11:40
Kommentar from: Sanne [Besucher]
@Andreas Brexler: Wenn die Kommentare so haarsträubend dumm sind, dann kann bzw. sollte man Kritiker sachlich mundtot machen. Auf kein einziges Argument von Markus Bechtel kann auch nur ein einziger "Kritiker" mit Fachwissen parieren. Das, lieber Herr Brexler, ist peinlich! Hier kann man eben nicht einfach so daherplappern und seine Klassenkampfparolen so unkommentiert herausschreien. Hier passiert es nämlich, dass man mit seinem ausgesprochenen Unsinn konfrontiert wird. Das ist dann ganz schlecht für die Sorte von Kritikern,die nichts zu sagen hat aber eine Menge Luft herauslassen. Was halten Sie davon, sich so viel Fachwissen zuzulegen, dass Sie mit fachlich versierten Argumenten mithalten können, anstatt sich "unbehaglich" zu fühlen?
In vielen Foren ist es üblich, sich den lächerlichen Parolen hinzugeben, hier sieht das eben anders aus! Also erst einmal viel lesen, Gehirn einschlalten und überprüfen! Schwätzer haben wir nun wirklich genug!
01.04.13 @ 12:29
Kommentar from: etcpp [Besucher]
Bravo, Herr Bechtel. Ich bin fassungslos über die mehrheitlich sozialistisch durchtränkten Kommentare ausgerechnet hier (auf anderen Websites nähme ich sie inzwischen als Normalität hin).

Es ist erstaunlich, wie reflexartig Menschen auf bestimmte Reizwörter reagieren (Reiche, Kapitalismus, Konzern, (Zinses-)Zins, Privatisierung usw.)und ohne differenzierte Betrachtung der jeweiligen Sache blind draufhauen.

Kein Wunder, dass die Regierenden so leichtes Spiel haben. Man gebe ihnen nur einen Sündenbock, auf den sich die Reizvokabeln anwenden lassen.
01.04.13 @ 15:02
Kommentar from: John Ptraschek [Besucher]
Herr Bechtel,... Brackwasser im Gehirn?

Antwort MB:
Nein, im Gegensatz zu Ihnen pflege ich frisches und klares Trinkwasser zu trinken. Und entsprechend klar und nüchtern zu denken.
Aus der Tatsache, daß die Baufirma Bechtel ein Global Player ist, folgt noch lange nicht, daß sie auch die von Ihnen unterstellten Ziele verfolgt. Es ist nicht ersichtlich, was an dem Bau industrieller oder öffentlicher Infrastruktur verwerflich sein soll. Im Gegenteil. Eines der Hauptziele der NWO ist gerade unsere Deindustrialisierung. Darüber sollten Sie erst einmal nachdenken, bevor Sie zu solchen unreflektierten sozialistischen Haßtiraden ausholen.
Es stellt sich allerdings die Frage, wem diese Anlagen nützen bzw. wer die damit verbundenen Kosten tragen soll. Das ist immer eine Frage des Einzelfalls. In dieser Hinsicht war die Firma Bechtel in der Vergangenheit sicherlich zu blauäugig. Das habe ich in meinem Artikel auch hinreichend deutlich gemacht.
Dies berechtigt Sie jedoch noch lange nicht, daß Sie mich wegen meiner Namensverwandtschaft beleidigen müssen. Ich bin auch kein Neoliberaler, sondern allenfalls ein Libertärer. Diesen Unterschied werden Sie vermutlich jedoch nicht verstehen. Sie können ja noch nicht einmal Regenwasser von Trinkwasser unterscheiden.
01.04.13 @ 19:13
Kommentar from: John Ptraschek [Besucher]
Herr Bechtel,...
Neoliberales Gedankengut assoziere ich mit meinen Worten,:"wenn dann alles Land und Wasser dieser Erde gekauft und versilbert wurde,dann kaufen wir das Universum." Auch scheinbar "kluge" libertäre Gesinnung ist, wie Sie schreiben letztendlich Gier nach persönlicher Macht und Reichtum.
Eines Tages werden auch Sie merken das schließlich alles Wasser auf unserem Planeten Erde, Regenwasser ist!
John Ptraschek

Anwort MB:
Herr Ptraschek, hören Sie einfach auf, ihr Brackwasser zu trinken. Dann werden auch Sie feststellen, daß die Welt nicht so funktioniert, wie Sie sich das vorstellen!
Die Ursachen dieser Probleme liegen nicht da, wo Sie sie verorten. Und die Lösung dieser Probleme folglich auch nicht. Es gibt eben Dinge, die Sie ändern können. Und es gibt Dinge, die Sie nicht ändern können. Ihnen fehlt offensichtlich das Unterscheidungsvermögen hierfür.
Wo die Ursachen zu verorten sind, die geändert werden können, und wie sie gelöst werden könnten, das habe ich in diesem Blog ausführlichst beschrieben. Solange Sie das nicht verstehen oder zumindest nicht verstehen wollen, kann ich Ihnen nicht weiter helfen.
Regenwasser ist schon deshalb kein Trinkwasser, weil dem Regenwasser die Mineralien des Bodens fehlen. Sie trinken ja auch kein destilliertes Wasser. Darüber hinaus sind im Regenwasser auch die Schadstoffe aus der Luft und die Verunreinigungen des Daches, etwa der Vogelkot, enthalten. Glauben Sie etwa, das sei gesund? Ich nicht! Denken Sie mal drüber nach.
02.04.13 @ 13:36
Kommentar from: tom hinz [Besucher] E-Mail
.... jede Menge Kritik....
sehr schön, das zeigt, daß Sie wahrscheinlich völlig richtig und schlüssig argumentieren.
Ich schätze Ihre Beiträge sehr !
MfG
02.04.13 @ 14:29
Kommentar from: Ellen Wild [Besucher]
Brackwasser ist Mischwasser aus Süß- und Salzwasser und zum Trinken nicht geeignet. Im übrigen, Herr Bechtel, geht Ihre Argumentation im Artikel zur Privatisierung der Wasserressourcen davon aus, daß der Mensch im Allgemeinen gut sei und seine Marktmacht nicht mißbrauchen werde. Das ist im Allgemeinen eher nicht der Fall, wie man am Zustand von Umwelt und Natur weltweit leicht feststellen kann. Deshalb wird der Kampf um's lebensnotwendige Wasser die wichtigste Zukunftsfrage, die Allmachtsfrage sein. So simpel und technisch einfach, wie Sie es darstellen, wird das "Privatisieren" vom Lebenselixier Wasser nicht werden. Nicht alle Menschen dieser Welt sind so "denaturiert" wie die macht-,ressourcen- und geldgierigen Europäer.
Der Kampf um's Wasser wird der Endkampf werden. Wer über das Süßwasser herrscht, herrscht über alle Menschen. Und das ist das Ziel der sogenannten "Neuen Weltordnung". George Orwell läßt grüßen.

Antwort MB:
Der Begriff des Brackwassers ist nicht nur im Bereich der Küstengewässer gebräuchlich. Den kenne ich auch im Binnenbereich. Ich habe erst kürzlich meine Sportbootführerscheine gemacht.
Einen Mißbrauch der Marktmacht gibt es nicht nur im privatwirtschaftlichen Bereich. Das kann es auch im öffentlichen Bereich geben. Etwa wenn der Staat sein Monopol auf einem Gebiet ausnutzt. Etwa auf dem Telekommunikationssektor, der Bahn oder der Post. Das ist also kein Argument gegen einen privatwirtschaftlichen Betrieb der Wasserwerke.
Der Kampf um das lebensnotwendige Wasser ist in der Tat eine wichtige Zukunftsfrage. Da stimme ich Ihnen völlig zu. Gerade deshalb ist es wichtig, daß dieser Bereich nicht zum Spielfeld ideologischer Auseinandersetzungen wird. Das ist einigen Gutmenschen aber nur sehr schwer klar zu machen.
02.04.13 @ 17:25
Kommentar from: Ossi [Besucher]
Als "Zoni" bin ich sauer über die Bezeichnung Ostzone. Dort blühende Landschaften versprach Herr Kohl nur.
Nun aber doch zu den fremden Ländern:
Herr Bechtel, was halten Sie vom Kolonialsystem, zum Beispiel in Indien? Wurden dort Staudämme, Wasserleitungen, Straßen und Eisenbahnen vorrangig für die Einheimischen gebaut?
Zum Wasser: Ich trinke seit Jahren Osmosewasser, also quasi destilliertes Wasser ohne irgend welche Gesundheitsprobleme. Für den Krisenfall habe ich einen Anschluss an meinen unterirdischen 5 m³-Regenwassertank. Ich sehe mit der fünfstufigen Umkehrosmose und Regenwasser kein Gesundheitsproblem. Wohl aber bei unserem Trinkwasser. Das marokkanische Phosphat enthält reichlich Uran, welches über unsere Äcker ins Trinkwasser gelangt. Aber kein Wasserwerk kontrolliert Trinkwasser auf Urangehalte.

Antwort MB:
Nach der Wende haben die neuen Bundesländer eine Infrastruktur hingestellt bekommen, von der wir hier im Westen nur träumen können! Haben Sie etwa schon vergessen, wie es vor der Wende in den neuen Bundesländern aussah? Die "Zonis" sollten daher was das betrifft den Ball ganz flach halten. Vielen Kommunen im Westen geht es im Hinblick auf die Infrastruktur inzwischen sehr viel schlechter als Ihnen.
Sie unterstellen mir, daß ich das Kolonialsystem gut fände. Davon war meinerseits nie die Rede. Es ist in der Diskussion auch nie die Rede davon gewesen, daß das neue Wassernetz in Bolivien irgendwelchen Kolonialinteressen dienen würde. Eine derartige Unterstellung Ihrerseits entbehrt also jeglicher sachlichen Grundlage.
Sie können Ihre Regenwasser sicherlich als Brauchwasser nutzen. Als Trinkwasser ist das nicht zu empfehlen. Wenn Sie das an Ihre Trinkwasserleitungen anschließen, dann riskieren Sie nicht nur die Verunreinigung Ihrer eigenen Trinkwasserleitungen. Sie gefährden auch die Trinkwasserleitungen der Stadtwerke. Ich hatte mit denen auch schon mal gesprochen. Die können Ihnen da richtig Ärger machen. Wenn die eine Verunreinigung durch Ihre Trinkwasserleitungen feststellen, dann wird das richtig teuer für Sie. Das geht dann in die zehntausende.
Ihre Umkehrosmoseanlage nützt ihnen bei Stromausfall auch nichts mehr. Das Problem mit dem Uran haben Sie auch beim Regenwasser.
02.04.13 @ 17:46
Kommentar from: skeptiker [Besucher]
Herr Bechtel,

ihre Denkweise und die Darstellung der Tatsachen ist falsch.
Erstens: wenn der Vertrag rechtswidrig bzw. verfassungswidrig abgeschlossen ist, ist er nicht verbindlich.
Sie schreiben nur, dass der Verbot der Nutzung vom Regenwasser als Trinkwasser in Ordnung wäre, in Wirklichkeit ist es nicht, weil es sich um jegliche Verwendungszwecken vom Regenwasser handelt, die verboten wurden. Es war eine unzulässige und illegale Aktion der bolivianischen Regierung! Das wissen Sie ganz genau, also unterstützen Sie mit Ihrer Meinung und Argumentation eine offensichtliche und unverschämte Korruption.
Mit der Entscheidung wurde die Rechtsordnung bestätigt und nicht in Frage gestellt.

Du sollst nicht täuschen!

Antwort MB:
Wie kommen Sie denn darauf, daß der Vertrag rechtswidrig bzw. verfassungswidrig sei? Dafür ergeben sich überhaupt keine Anhaltspunkte. Wenn sie ihr Haus verkaufen, dann ist das auch nicht rechtswidrig oder gar verfassungswidrig. Selbst wenn Sie aus wirtschaftlichen Gründen dazu gezwungen sind. Bei der Veräußerung der Stadtwerke durch die bolivianische Regierung kann das auch nicht anders sein.
Das Verbot der Nutzung von Regenwasser als Trinkwasser ist etwas substantiell anderes als eine Verwendung von Regenwasser im Übrigen. Sie verwechseln hier gerade Äpfel mit Birnen. Das sind zwei grundverschiedene Dinge.
Das Verbot der Nutzung von Regenwasser als Trinkwasser ist verfassungsrechtlich in Ordnung. Das hat mit Korruption überhaupt nichts zu tun. Das hat etwas mit dem öffentlichen Recht der Gefahrenabwehr zu tun. Schauen Sie sich einfach mal die entsprechende Regelung in der Gemeindeordnung ihres Bundeslandes an.
Wir sollten unsere Rechtsordnung auch nicht nach der bolivianischen Rechtsordnung ausrichten. Der Anschluß- und Benutzungszwang hat sich in Deutschland seit Jahrzehnten als effektives und verhältnismäßiges Mittel der Gefahrenabwehr erwiesen.
Ihre Auffassung von einer richtigen Rechtsordnung in Ehren. Wenn Sie sich da aber mal nicht getäuscht haben. Unter einer solchen "Rechtsordnung" möchte ich nicht leben. Das hat mit Rechtsstaatlichkeit nicht mehr viel zu tun. Das hat mehr mit Willkür zu tun.
02.04.13 @ 17:47
Kommentar from: Achim [Besucher]
Sie verdrehen,verschweigen und versuchen Behauptungen als Wahrheit zu verkaufen. Alleine die Unternehmer müßten jetzt die Suppe auslöffeln. Blödsinn. Als Unternehmer darf ich Ihnen sagen, die machen das freiwillig. Die wollen richtig Geld machen. Also eine Art Zwang gibt es nicht. Artikel 14 Absatz 2 sagt zugleich weil es sowohl Privat als auch Sozialbindung meint. Von einem kostenlosen Anschlüß hat keiner
gesprochen. Das deutsche Leitungsnetz als teiweise marod zu kennzeichnen entspricht nicht der Wahrheit. Private würden sich darum schlagen.

Antwort MB:
Wenn Sie als Unternehmer unvorhergesehene Kosten über die Preise an Ihre Kunden nicht weitergeben können, dann müssen Sie die Suppe selbst auslöffeln. Dann zahlen Sie selbst aus der eigenen Tasche drauf. Das müßten Sie als Unternehmer eigentlich wissen. Wenn der Staat Sie dazu zwingt, dann machen Sie das ganz sicherlich nicht mehr freiwillig.
Mit dem Artikel 14 Absatz 2 GG können Sie den Absatz 1 nicht aushöhlen. Ein privates Wasserwerk kann damit nicht gezwungen werden, Ihnen einen kostenlosen Wasseranschluß zur Verfügung zu stellen. Er kann nach Absatz 2 nur verpflichtet werden, Ihnen überhaupt einen Wasseranschluß zur Verfügung zu stellen. Wenn Sie als Kunde die Wassergebühren nicht zahlen, dann kann der privates Wasserwerk nicht einfach gezwungen werden Sie zu beliefern.
Bezüglich des westdeutschen Wassernetzes sehe ich das ganz anders. Hier sind in der Vergangenheit deutliche Versäumnisse zu beobachten. Viele Kommunen können Ihre eigenen Brunnen nicht mehr unterhalten. Die Anforderungen steigen ständig. Diese Kosten können aber nicht einfach auf die Preise umgelegt werden.
02.04.13 @ 20:40
Kommentar from: Timo H. [Besucher]
Uff, wieder so ein Artikel, bei dem man nicht weiß wo man überhaupt anfangen soll. Ich werde versuchen einige Aspekte Punkt für Punkt abzuarbeiten.

1. Wenn Sie in einem Artikel über eine Firma schreiben, die denselben Namen wie Sie trägt, sollten Sie zu Beginn klarstellen ob (und wenn ja wie) oder ob Sie nicht mit dieser Firma verbunden sind.

Antwort MB: Der Gründer der amerikanischen. Firma ist im 18. Jahrhundert aus Deutschland ausgewandert. Wenn ich hier in Deutschland einen Artikel schreiben, der sich u.a. mit mit dieser amerikanischen Firma gleichen Namens befaßt, dann dürfte diese Ihre Vermutung doch eher fern liegend sein. Bis auf die Namensverwandtschaft bin ich mit der amerikanischen Firma nicht verbunden.

2. Es wäre sehr angenehm, wenn Sie zumindest versuchen würden in ihren Beiträgen auf Begriffe wie "Deckmäntelchen", "sozialistische Klassenkampfpropaganda" oder "unrühmlich" zu verzichten. Es erweckt den Anschein, als wollten Sie eventuelle Gegenstimmen von vornherein diffamieren. Sie selbst fordern von Gegenstimmen doch auch immer Sachlichkeit. Der einzige, der versucht sachliche Gespräche auf ein "Klassenkampfniveau" herabzusetzen sind Sie selbst, in dem Sie wiederholt entsprechende Begriffe einwerfen.

Antwort MB: Ich reagiere hier auf die unsachlichen Ausführungen in dem analysierten Artikel. Das sollten Sie bedenken. Daß genau diese sozialistische Klassenkampfpropaganda in den letzten 100 Jahren in Europa einen unrühmlichen Blutzoll von rund 100 Mio. Opfer zu verantworten hat, das kann man, wie ich meine, nicht oft genug in Erinnerung rufen. Wenn es um Freiheit oder Unfreiheit geht, dann müssen Sie einfach Partei ergreifen. Da können Sie nur Klartext reden.

3. Die ganze Geschichte spielte sich um die Jahrtausendwende innerhalb von 2-3 Jahren ab. Dieses wird nirgends offen erwähnt, spielt aber eine bedeutende Rolle. Es macht einen eindeutigen Unterschied, ob ein Vertrag von Anfang an von den Betroffenen bekämpft wird, oder ob nach 14 Jahren einfach mal "ätsch" gesagt wird.

Antwort MB: Richtig! Deshalb muß sich der Schweizer "Bibellehrer" fragen lassen, was er mit diesem demagogischen Artikel ein Vierteljahrhundert nach dem Untergang des Sozialismus bezwecken wollte.

4. Informieren Sie sich bitte über Hugo Banzer Suarez, die Wahlverhältnisse 1997 und entscheiden dann selbst, ob dieser Herr jemals die Legitimation einer Mehrheit der Bolivianer hatte. Meiner Meinung nach hätte die Firma Bechtel die Situation kommen sehen müssen. Kurz gefragt, würden Sie selbst einen Vertrag mit einem Präsidenten eines Landes schließen, wenn die Partei dieses Herrn lediglich auf 20% kam? Bechtel ist hier aus Gewinninteresse ein sehr hohes Risiko eingegangen und hat sich verspekuliert. Unsachlich gesprochen kann man sagen, Bechtel hat einen Deal mit einem ehemaligen Diktator gemacht und gehofft, dass dieser etwaige Proteste niederprügelt (was dann ja auch geschah) und man ungehindert sein Geld scheffeln kann.

Antwort MB: Das ist legitim. Jedes Unternehmen verfolgt Gewinninteressen. Die Risiken wären auch für beide Seiten kalkulierbar gewesen, wenn sich alle Beteiligte an die Spielregeln gehalten hätten. Die Firma Bechtel hat ihre Leistung (Wasseranschluß und Wasserlieferung) erbracht. Die Bolivianer sind dagegen ihre Gegenleistung schuldig geblieben. Deshalb hat die Firma Bechtel versucht, ihren Rechtsanspruch mit den Mitteln der Zwangsvollstreckung durchzusetzen. Das würde hier bei uns nicht anders geschehen. Das würden Sie doch genauso machen, wenn Sie einen säumigen Schuldner hätten. Mit "Geld scheffeln" hat das nichts zu tun. Ihre moralisierende Ausdrucksweise ist daher genauso fehl am Platze.

5. Auf die Schnelle habe ich nicht herausfinden können, wie öffentlich Verhandlungen & Vertragsabschluss in Bolivien gemacht wurden. Es scheint mir aber eher der Falls gewesen zu sein, als wäre dies hinter verschlossenen Türen gemacht worden. Hätte Bechtel auf der sicheren Seite stehen wollen, hätte es selbst alle Vertragsmodalitäten veröffentlicht (oder dies von der bolivianischen Regierung verlangt). Dann hätten die Bürger bereits vorher darüber entscheiden können.

Antwort MB: Eine wie auch immer geartete Bürgerbeteiligung ist nicht Sache der Firma Bechtel. Das ist ausschließlich eine Sache der bolivianischen Regierung. Es ist davon auszugehen, daß die Bolivianer die Erneuerung der Wassernetze durchaus begrüßt haben. Nur zahlen wollte dafür keiner. Das konnte die Firma Bechtel natürlich nicht hinnehmen. Ein solches Unternehmen ist schließlich nicht die Caritas. Das hätte den Bolivianern natürlich auch klar sein müssen.

6. Bezahlung. Niemand hat Bechtel dazu gezwungen, seine Forderungen bei jedem angeschlossenen Haushalt einzutreiben. Man hätte sich auch aus der Staatskasse bezahlen lassen können. Dann hätte die Regierung das "Problem" gehabt das Geld einzutreiben. So hat sich Bechtel bewusst auf die sozialen Ungleichgewichte eingelassen. Da ich immer davon ausgehe, dass Unternehmen ihre Hausaufgaben machen, war auch hier von vornherein klar, dass viele Haushalte sich das neue Wasser nicht werden leisten können. Auch hier gilt wieder: Risiko des Unternehmers.

Antwort MB: Das war ja gerade das Problem. Die bolivianische Regierung hat die Wasserwerke verkauft, weil sie pleite war. Ohne eine Veräußerung der Wasserwerke hätte sie von der Weltbank keine Kredite mehr bekommen. Bei der bolivianischen Regierung war daher nichts mehr zu holen. Daher blieb der Firma Bechtel doch gar nichts anderes mehr übrig, als die fälligen Forderungen bei ihren Wasserkunden einzutreiben. Es ist schließlich nicht Sache der Firma Bechtel, neben der Erneuerung und dem Betrieb der Wasserleitungen auch noch für einen sozialen Ausgleich zu sorgen. Das wäre eine Aufgabe der Bolivianer selbst gewesen. Auf Seiten der Bolivianer fühlte sich dafür aber niemand zuständig. Vgl. Sie dazu auch Ihren Nachtrag.

7. Kostenloses Brackwasser oder unbezahlbares sauberes Trinkwasser und keine Alternative? Auf die elendige Diskussion, welches Wasser wofür geeignet ist, lasse ich mich nun nicht ein. Aber für viele Bolivianer war obige Frage die entscheidende. Irgendwelches Wasser ist erstmal besser als gar keines.

Antwort MB: Was in Bolivien dann gelaufen ist, das geht aber auch nicht! Die Firma Bechtel erstellt ein neues Wassernetz und wird dann von der Regierung wieder enteignet. Sie können doch auch nicht sagen: Danke für das saubere Wasser, aber zahlen will ich dafür nicht! Entschuldigen Sie, so geht das auch wieder nicht!

8. Ihre Begeisterung für die 40jährige Vertragslaufzeit kann ich absolut nicht teilen. In Bolivien bedeutet dies 8 verschiedene Regierungen (mindestens) und 2-3 Generationen. Auch hier konnte Bechtel das Risiko einschätzen und hat sich trotzdem für den Vertrag entschieden.

Antwort MB: Sie verkennen offensichtlich die wirtschaftliche Bedeutung einer 40 jährigen Vertragslaufzeit. Bei einem normalen Darlehen würden Sie Ihr Häusle nach etwa 20 Jahren abbezahlt haben. Damit verteilt sich m.a.W. die jährliche Finanzierungslast. Und das bei unveränderter Unterhaltungsverpflichtung. Wenn die Firma Bechtel mit einer solchen Vertragslaufzeit einverstanden ist, dann bedeutet das ein großes Entgegenkommen. Und damit ein großer Vertrauensvorschuß gegenüber den Bolivianern. Und genau dieses Vertrauen ist seitens der Bolivianer schmählichst enttäuscht worden. Die Firma Bechtel wird in Bolivien jetzt sicherlich keinen Stein mehr anrühren. Sie würden das an deren Stelle bestimmt auch nicht mehr tun.

Fazit: Das Unternehmen hat entweder das Risiko des Geschäfts total verkannt oder ist es dennoch eingegangen.

Antwort MB: Fazit: Die ganze Unternehmung ist gescheitert. Für die Bolivianer. Nur daß sie es noch nicht gemerkt haben. Sie werden es aber noch merken. Spätestens dann, wenn auch die bolivianische Regierung, so pleite wie sie nun einmal ist, den Unterhaltungsverpflichtungen nicht nach kommt. Dann kehren auch in Bolivien wieder Zustände ein, wie wir sie aus der "Ostzone" her kennen gelernt haben. Aber auch das werden dann diese "Bibellehrer" und die anderen Gutmenschen der Firma Bechtel wieder in die Schuhe schieben...
03.04.13 @ 11:59
Kommentar from: Timo H. [Besucher]
Nachtrag.

Im Absatz zum "Anschluß- und Benutzungszwang" schreiben Sie, dass "in den Fällen, in denen ein Anschluß auch für die Gesamtheit der Gemeinschaft zu unvertretbar hohen Kosten führen würde" darauf verzichtet wird. Die für den Artikel alles entscheidende Frage ist aber, was passiert in dem Fall wo ein Anschluß für EINZELNE zu unvertretbar hohen Kosten führt?

Antwort MB: Richtig! Dazu müssen Sie sich einmal den Anschluß- und Benutzungszwang einer deutschen Gemeindeordnung anschauen. So lautet beispielsweise der § 26 der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung:

(1) Die Gemeinden können bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für Grundstücke ihres Gebiets den Anschluß an Wasser-Versorgung, Abwasserbeseitigung, Straßenreinigung, Fernheizung, von Heizungsanlagen an bestimmte Energieversorgungseinrichtungen sowie den Anschluß an andere dem Gemeinwohl dienende Einrichtungen vorschreiben (Anschlußzwang). Sie können durch Satzung bei öffentlichem Bedürfnis auch die Benutzung dieser und anderer dem Gemeinwohl dienender Einrichtungen vorschreiben (Benutzungszwang).

(2) Die Satzung kann Ausnahmen vom Anschluß- und Benutzungszwang zulassen; sie kann den Anschluß- und Benutzungszwang auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets und auf bestimmte Gruppen von Grundstücken oder Personen beschränken.

Mit einer entsprechenden Regelung in der bolivianischen Gemeindeordnung hätte das Problem ganz wesentlich entschärft werden können. Das ist aber ein Versäumnis der bolivianischen Regierung, nicht der Firma Bechtel. Die Firma Bechtel mußte daher von vornherein von einem flächendeckenden Wassernetz ausgehen und entsprechend kalkulieren. Und genau das wurde dann zum Problem.
03.04.13 @ 12:08
Kommentar from: Rolf [Besucher]
Sehr guter Artikel, Herr Bechtel!
Natürlich will/muß ein Unternehmen Profit machen. Was ist daran so schlimm? Man darf dabei natürlich nicht über Leichen gehen. Die Leute müssen sich endlich klar machen, daß Arbeiter und Unternehmer im selben Boot sitzen. Und die Politiker und Bankster im anderen-jedenfalls so, wie es momentan ist. Ausnahmen bestätigen die Regel. Dieser ganze Klassenkampf-Bullshit wurde doch von denen erfunden, denen das freie, unabhängige Unternehmertum ein Dorn im Auge ist. Und auch daß jede kapitalistische Produktion vorfinanziert ist (von wem wohl?), sollte man sich ab und zu ins Gedächtnis zurückrufen.
Wenn ein Konzern zu viel Macht erhält gehören dazu mindestens genau so viele korrupte Politiker auf der anderen Seite.

Antwort MB:
Sehr schöne Zusammenfassung. Vielen Dank!
03.04.13 @ 20:58
Kommentar from: Achim [Besucher]
Hallo Herr Bechtel,
Was ist los beim Gold?
MfG
Achim

Antwort MB:
Nach Ferdinand Lips "Die Goldverschwörung" versuchen "Sie" damit die "schwachen Hände" aus dem Markt zu drängen. Anders kann man das nicht mehr rational erklären. Selbst bekannte Fachleute haben keine andere Erklärung dafür. Je tiefer "Sie" den Goldpreis jedoch drücken, desto höher wird der Preisausschlag einmal nach oben durch die Decke gehen. Gerald Celente, der Herausgeber des Trendsjournals, http://www.trendsresearch.com , sagt deshalb immer: Weiter kaufen.
04.04.13 @ 10:47
Kommentar from: Claudius v.d.Bach-Zelewski [Besucher]
Ich habe nicht den Eindruck, daß Sie überhaupt eine Vorstellung von den Verhältnissen in Bolivien haben, Herr Bechtel, denn andernfalls schrieben Sie hier nicht solch krude zusammenkonstruierten Unsinn.

Ich selbst habe Cochabamba in der ersten Hälfte der 90er Jahre besucht und dort einige Wochen verbracht (nebenbei bemerkt in der Familie der Tochter des damaligen Provinzgouverneurs, aber ich will hier nicht zu weit ausholen).

Von daher habe ich noch eine "in etwa" Erinnerung an die Gegebenheiten dort.

Da es hier (Bechtel) um US-amerikanisches "Engagement" geht: Der damalige Lokalresident der überall präsenten, US-amerikanischen "DEA" (die sich de facto Hoheitsrechte nach Belieben anmaßte), ein - man muß es leider so drastisch ausdrücken, ich hatte einige Male das zweifelhafte Vergnügen, ihm gesellschaftlich zu begegnen - widerlicher Fettsack aus einem südlichen USA-Bundesstaat, steckte bekanntermaßen selbst mitten drin im lukrativen Drogengeschäft.

Das war nirgendwo ein Geheimnis.

Insofern - und da Sie ja selbst treffend bemerkt haben, daß der bolivianische Staatsapparat notorisch korrupt ist - wäre es doch erstaunlich, wenn ausgerechnet der Bechtel-Deal nach den Regel eines "due government conduct" durchgeführt worden wäre (was sie hier unterstellen, aber doch wohl selbst nicht glauben werden).

Daher kann im vorliegenden Fall allein aus diesem Grunde nicht von der "Verletzung legitimer Eigentumsrechte" gesprochen werden.

I.ü. ist das Schema in Bolivien (wie überall in der heute nicht mehr nur "Dritten Welt") stets dasselbe: Die Weltbank fördert irgendwelche völlig schwachsinnigen "Infrastrukturprokjekte" mit reichlich toxischem Kredit (und Schmiergeld für die lokalen "Eliten" - das dafür benötigte Geld "schöpft" sie ja sozusagen selbst, wie sie ja selbst sonst nicht müde werden zu geißeln).

Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, daß das solchermaßen "beglückte" Land weder die Zins- geschweige denn die Tilgungslasten für das überdimensionierte Vorhaben tragen kann.

In fast jedem Fall führen diese Projekte aber dazu, daß die gewachsenen Strukturen dieser Länder - in "westlichen" Augen vielleicht primitiv - zerstört werden und die indigene Bevökerung an den "westlichen" Kredit-Tropf gehängt wird.

Nach etwas längerer Zeit setzten Weltbank und IWF dann der in Verschuldung ertrinkenden Regierung (dieses Wort kann man in Bolivien - und nicht nur dort - allerdings in "" setzen) die Pistole auf die Brust.

Notgedrungen, um nicht von jedem weiteren Kredit abgeschnitten zu werden, der mindestens einer korrupten, indigenen Elite ein auskömmliches und luxuriöses Leben sichert, wird auf Druck von Weltbank und IWF das dereinst "staatliche" Projekt für ein Linsengericht "privatisiert" (insofern sich die Privatisierung noch lohnen sollte - zuweilen sind die "Infrastrukturmaßnahmen" auch bereits so heruntergekommen, daß der "Privatinvestor" dankend abwinkt).

Im Fall von Bechtel/bolivianisches Wasser wird es sich gelohnt haben, sonst hätte sich dieser USA-Konzern nicht "engagiert".

"Lohnen" bedeutet: "Investiert" wird seitens des "Investors" nur noch ein Minimum (d.h. um die Ausbeutung der Anlagen auf niedrigstem Niveau für deren noch verbleibende, technische Restnutzungsdauer sicher zu stellen), anschließend wird bis zum völligen Zusammenbruch der nun privatisierten Infrastrukur von den derart beglückten "Bürgern" abkassiert, bis diesen - im übertragenen Sinne - das Blut aus den Adern spritzt.

Danach geht - für einen unverschämten Preis - die nunmehr verrottete Infrastruktur wieder zurück an den Staat, der natürlich nach wie vor auf seinen (verzinslichen) Schulden sitzt.

Solcherlei ist übrigens auch im "zivilisierten" Europa zu beobachten, wie das Beispiel "British Rail", die Daimler-Chrysler-Fusion oder die "Liberalisierung" der bundesrepublikanischen Stromwirtschaft ab den 90er Jahren gezeigt haben oder, wie zu befürchten steht, demnächst das BRD-Straßennetz noch zeigen wird.

Die USA insbesondere haben in Süd Amerika zu allen Zeite einträgliche Raubzüge durchgeführt (und übrigens nicht nur dort, wie z.B. die Operation "Overcast" - Beschlagnahme aller verwertbaren deutschen Rüstungsgüter, Industrieanlagen und vor allem Patente nach dem 2. Weltkrieg - und in jüngster Zeit das "Sub-Prime" und Derivateschwemme i.V.m. den "Finanzmarktliberalisierungsgesetzen" hierzulande beweisen): Im zweiten Weltkrieg sicherte das wie zu allen Zeiten korrupte, bolivianische Regime USA-Konzernen (die USA waren kriegsbedingt von den südostasiatischen Vorkommen abgeschnitten) die Ausbeutung der reichen Zinnvorkommen des Landes mehr oder weniger für umsonst zu - als Beitrag Boliviens zum "war effort" der "Demokratien".

Die Betonung liegt hier auf USA-Konzernen: Der US-amerikanische Staat (und damit die USA-Bürger als Steuerzahler) bekam das Zinn für seine Kriegführung natürlich nicht umsonst, sondern bezahlte es - der Verknappung entsprechend - den Konzernen teuer.

Benötigen taten die USA-Konzerne das Zinn in den verfügbaren Mengen an und für sich nicht, ausbeuten taten sie die Vorkommen aber dennoch, um durch Anlage von "Reservebeständen" nach dem Krieg ihren ehemaligen, bolivianischen Unterstützern mittels eines de facto Monopols (die Vorkommen in Bolivien hatten sich durch die kriegsbedingte, forcierte Ausbeutung qualitativ sehr verschlechtert) durch Preisdumping das Messer an die Gurgel zu setzen.

Zu meiner bolivianischen Gastfamlilie aus den 90ern wäre noch folgendes zu sagen:
Mit einem Lehrersalär von 350 US$ der Frau und 1200 US$ des Ehemanns als höherer Staatsbeamter - immerhin für bolivianische Verhältnisse beachtliche 1550 US$ - finanzierte sich das Ehepaar eine Villa in bester Lage in La Paz, zwei japanische Geländewagen der Luxusklasse, einen Mercedes, ein Münchener Premium-Automobil für den Sohn, zwei Landsitze, regelmäßige Luxusreisen nach Europa oder die USA sowie einen selbst aus Sicht eines damals noch verwöhnten Bundesbürgers mit sog. Edel-Konsumgütern frivol - wenn auch nicht geschmackssicher - ausstaffierten Lebenswandel (u.a. italienische Möbel, japanische Haushaltsgeräte etc.).

Antwort MB:
Sehr geehrter Herr v.d. Bach-Zelewski,
nein, in Cochabamba war ich noch nicht. Dieses zweifelhafte Vergnügen hatte ich in der Tat noch nicht. Ich hatte mich allerdings im Abitur ausführlich mit Entwicklungspolitik und Entwicklungsökonomie beschäftigt. Systemvergleich und Entwicklungspolitik war Gegenstand meiner Abiturarbeit („Sehr gut“). Daher kann ich ihre Darstellung nur bestätigen.
Wenn Sie aber von ihren eigenen Erfahrungen ausgehen, dann müßten Sie sich folgende Fragen stellen:
1. Wer trägt für die Situation in Bolivien die Verantwortung?
Nach Ihrer eigenen Darstellung ist es die inkompetente und korrupte Regierung. Also der bolivianische Staat. Also die Bolivianer selbst. Schauen Sie sich doch nur Ihre Gastfamilien an. Danach kommen dann die Weltbank und ihre „Economic hitman“. Und erst dann, ganz zum Schluß, kommen Firmen wie Bechtel, die den ganzen Schrott der Bolivianer wieder instand gesetzt haben.
2. Hat sich die Wasser-Versorgung in Cochabamba durch die Firma Bechtel verbessert oder verschlechtert?
Es ist davon auszugehen, daß die neue Infrastruktur besser funktionierte als die alte. Demnach hat sich die Wasser-Versorgung durch die Firma Bechtel verbessert und nicht verschlechtert.
3. Wie hätte sich die Wasser-Versorgung in Cochabamba ohne die Firma Bechtel entwickelt bzw. wie hat sie sich danach entwickelt?
Die alte Infrastruktur wäre vollends auf den Hund gekommen. Mit der neuen Infrastruktur wird es mangels entsprechender Reinvestitionen genauso ergehen. Dank der inkompetenten und korrupten Bolivianer. So ist das eben im Sozialismus.
4. Wie hätte man den Konflikt lösen können?
Statt die Investoren aus dem Land zu jagen, hätte man sich an einen Tisch setzen müssen. Dazu hätte sich die inkompetente und korrupte Regierung aber erst einmal ihre Verantwortung eingestehen müssen. Das wollte in Bolivien natürlich niemand. Jeder schiebt dort den Schwarzen Peter den anderen zu. Würden die Bolivianer, etwa Ihre Gastfamilie, erst einmal vor der eigenen Haustüre kehren, dann würde es in Bolivien anders aussehen. Ein funktionierendes Wassersystem fällt eben nicht Gott gegeben vom Himmel.
Ergebnis: Sie beschreiben zwar die Situation in Bolivien zutreffend. Sie sind aber nicht bereit, die sich daraus ergebenden logischen Schlußfolgerungen zu ziehen.
Mit freundlichen Grüßen
MB
05.04.13 @ 00:45
Kommentar from: Timo H. [Besucher]
Abschließend zu Ihren Antworten auf meine Punkte bleibt eigentlich nur zu sagen, dass nicht so heiß gegessen wird die gekocht. Die Situation hätte sich doch auf einfachste Art und Weise vermeiden lassen können. Von jeder der 3 Seiten. Was mich dennoch stört ist, dass Sie das Unternehmen komplett aus der Verantwortung nehmen. Es klingt fast so, als könne man als Unternehmer jedwedes Risiko eingehen und falls der Gewinn ausbleibt ist die Klage darauf in jedem Fall berechtigt. Beispiel:
Als Unternehmen sucht (kauft) man sich irgendeine willige Regierung, handelt einen Vertrag aus und wenn der Bürger nicht zahlt klagt man auf entgangenen Gewinn.
Das ist ein Blankoscheck für Unternehmer. Risiko gleich Null. Das kann nicht die Lösung sein.

Antwort MB:
Eben! Wenn man sich zusammengesetzt hätte, dann hätte man sicherlich eine Lösung gefunden. Zum Verhandeln brauchen Sie aber immer BEIDE Parteien: den Gläubiger UND den Schuldner. Was bleibt Ihnen als Gläubiger aber anderes übrig, wenn der Schuldner noch nicht einmal verhandeln will? Also überhaupt nichts zahlen will? Dann bleiben Ihnen doch nur die Klage und die Zwangsvollstreckung übrig! Warum sollte das in Bolivien anders sein als etwa in Deutschland? Das Leben ist eben kein Kindergarten. Auch wenn man bei manchen Leuten diesen Eindruck gewinnen könnte …
Wie kommen Sie aber darauf, daß ich Unternehmen komplett aus jeglicher Verantwortung nehmen würde? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was auch an einem Unternehmen dran hängt? Haben Sie auch mal an die an die Arbeiter, die Kapitalgeber (Sparer, Rentner) und die Zulieferer gedacht? Ein Unternehmen hat auch Verantwortung diesen gegenüber! Es gibt eben gute und schlechte Gläubiger. Es gibt aber auch gute und schlechte Schuldner. Sie dürfen die Welt nicht so eindimensional sehen!
Was hätte denn das Unternehmen auch konkret tun sollen? Bei einem solchen Geschäft ist der Gewinn doch ohnehin schon vergleichsweise gering. Das hätte sich nur über die lange Laufzeit gerechnet. Es ging hier also erst einmal darum, daß wenigstens die Kosten des Wassernetzes wieder rein kommen. Diese Kosten hätten die Bolivianer auch dann tragen müssen, wenn sie die Wassernetze selbst erneuert und erweitert hätten. Auch ein bolivianisches Unternehmen ist eben nicht die Caritas. Und selbst die muß sehen, daß sie über die Runden kommt. Von Gewinn kann dann noch gar keine Rede sein! Brutto ist eben nicht gleich netto! Den Unterschied sollten Sie allerdings kennen!
Was nützt Ihnen schließlich der Blankoscheck eines Schuldners, der ohnehin nicht zahlt? Der ist genauso viel wert, wie ein amerikanischer „Greenback“. Ein vernünftiger Unternehmer wird einen solchen Vertrag daher nicht eingehen. Sie dürfen davon ausgehen, daß man bei der amerikanischen Firma Bechtel so blöd nicht ist. So blöd ist nur die deutsche Exportwirtschaft. Aber das hat andere Gründe ...
05.04.13 @ 11:40
Kommentar from: Thomas [Besucher] E-Mail
Ich würde gern noch zum in diesem Artikel auch erwähnten Thema "der Zinseszins ist das Übel" ein paar Worte sagen. Der Kommentarstrang unter dem Artikel "Denken macht frei" ist ja schon geschlossenen.

Ich möchte in einfachen Worten und weniger abstrakt klar machen, dass der Zinseszins normal und angemessen ist. Zunächst ist es wichtig, dass man unterscheidet zwischen 1.) Guthabenzinseszins und 2.) Schuldzinseszins.

1.) Guthabenzinseszins
Beispiel: Oma Meier hat 100 Euro auf ihrem Sparbuch. Es fallen jährlich Zinsen in Höhe von 5% an, also 5 Euro. Die Sparkasse muss der Oma im Folgejahr selbstverständlich auch auf die Zinsen Zinsen zahlen. Warum? Wenn ihre Bank ihr die Zinseszinsen verweigert, hebt sie einfach (und so tut es auch jeder andere Kunde) ihre Zinsen jährlich oder quartalsweise ab und trägt die Zinsen zur Konkurrenzbank, um dort ab dann Zinsen für das neue Guthaben zu bekommen. Wer behauptet, dass sei zu umständlich irrt: Mit automatisierten Terminüberweisungen per Online-Banking ist das ein Klacks. Dass dieses Guthaben früher mal Zinsen waren, hat das Geld vergessen, wenn es bei der Konkurrenzbank angekommen ist. Also selbst, wenn die planwirtschaftlichen Regulatoren die pösen Zinseszinsen "verbieten" wollten, könnten sie das gar nicht. Wie will man pöse abgehobene Zinsen von artigen Nicht-Zinsen unterscheiden? Gar nicht. Geld ist Geld. Daher müssen Banken auf Guthaben Zinseszinsen zahlen oder sie verlieren Kunden an die Konkurrenz.

2.) Schuldzinseszins
Rudi Müller leiht sich von seinem reichen Onkel 100 Euro. Dafür soll er dem Onkel jährlich 5% Zinsen zahlen, also 5 Euro. Bedient er am Jahresende zuverlässig seine Zinsschuld, zahlt also seinem Onkel wie sich das gehört 5 Euro Jahresgebühr für das Fremdkapital, fallen keinerlei weitere Zinsen auf Zinsen an. Das Problem Schuldzinseszins fällt doch nur dann an, wenn man seine Zinsen nicht bezahlt, also den Kreditvertrag nicht 1:1 erfüllt und sich so automatisch weiter verschuldet.

Erhält der Leihgeber, also Onkel Müller, seine jährlichen Zinsen nicht, entsteht ihm ja ein finanzieller Schaden, weil er dieses Geld, das nun eigentlich seines ist, nicht einnimmt, und damit nicht weiter arbeiten kann und damit auch auf Konsum verzichten muss. Dem Onkel gehören ja laut Vertrag nach einem Jahr 105 Euro. Verliehen hat er aber eigentlich nur 100 Euro. Die 5 Euro stehen ihm sofort zu, und zwar als Zinszahlung durch seinen Neffen.

Anders als Oma Meier mit ihren Guthabenzinseszinsen hat Onkel Müller aber nicht die Möglichkeit, sich seine Zinseszinsen auf die 5 Euro Zinsen nun einfach von der Konkurrenz zu holen, indem er z. B. im Folgejahr die 5 Euro Zinsen seiner kleinen Nichte Klara für 5% Zinsen weiter verleiht (macht 25 Cent Zinsen auf die Zinsen). Denn auf den ganzen 105 Euro, also dem Kreditgeld plus Zinsen, sitzt ja der zahlungsfaule Rudi. Daher kann der Onkel nicht anders, als auf die nicht erhaltenen Zinseinnahmen, die ja jetzt sein Eigentum sind, ebenfalls seinem Neffen Zinsen zu berechnen. Das ist nur fair und recht. Rudi hätte schließlich seinen Vertrag einhalten, und jährlich seine Zinsschuld beim Onkel begleichen müssen. Warum soll der Onkel dafür aufkommen?

So und ähnlich verhält es sich bei Staaten, die niemals ihre Schulden zurückzahlen, oder sogar nicht einmal ihre Zinsen begleichen. Die Beispiele treffen natürlich letztlich zu auf ein System, in dem Geld werthaltig ist und nicht aus dem Nichts erzeugt werden darf. Dass unser derzeitiges Geldsystem eine Missgeburt ist, ist ein anderes Thema, und sollte nicht mit der Finanzmathematischen Selbstverständlichkeit des Zinseszinses vermischt werden. Der Punkt ist: Geld sollte niemals aus dem Nichts geschöpft werden dürfen, wie es in unserem System gang und gäbe ist. Das allein ist das Problem. Zinsen sind weder das Übel, noch kann man sie eigentlich überhaupt verbieten.

Zudem sollten sich Staaten generell überhaupt nicht verschulden dürfen, weil Staaten nichts produzieren. Dies sind die beiden Kernprobleme, und nicht der Zins und auch nicht der Zinseszins.

Antwort MB:
Leider führt Ihre Differenzierung zwischen Guthabenzinsen und Schuldzinsen nicht weiter. Dies folgt aus den Grundlagen der Bilanzierung. Wenn Sie ein Guthaben, eine Forderung auf Ihrer Aktivseite verzeichnet haben, dann erscheint dieses Guthaben bei dem Schuldner in der Bilanz auf der Passivseite als Verbindlichkeit, als Fremdkapital. Entsprechend verhält es sich mit den Zinsen. Ihr Zinsanspruch auf der Aktivseite ihrer Bilanz entspricht der Zinsverbindlichkeit auf der Passivseite Ihres Schuldners. Guthabenzins und Schuldzins sind daher nichts anderes als zwei Seiten DERSELBEN Medaille, DESSELBEN Schuldverhältnisses eben.
Das Verhalten Ihrer Oma in Ihrem Beispiel ist im Falle eines Zinseszinsverbotes genau dasselbe Verhalten, das jeder andere Anleger an den Tag legen muß: Ein Vermieter muß die Mieterträge seines Mieters auch an den Kapitalmarkt bringen. Dieses Verhalten wäre also genau das richtige Verhalten. In politischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Das ist auch die Intention des § 248 Abs. 1 BGB. Wenn also der Gesetzgeber im Verhältnis zwischen dem Gläubiger und seinem Schuldner den Zinseszins verbietet, dann ist überhaupt nicht einzusehen, weshalb dies ausgerechnet bei Geldforderungen von Banken anders sein soll (§ 248 Abs.2 BGB ). Wenn der Gesetzgeber diesen Zinseszinsanspruch untersagt, dann kann dem Gläubiger insoweit auch kein Schaden entstehen. Ein Schaden könnte ihm nur dann entstehen, wenn er einen rechtlichen Anspruch auf den Zinseszins haben würde. Das wäre aber nach § 248 Abs. 1 BGB gerade nicht der Fall.
Kommt der Schuldner mit der Tilgung oder den Zinsen in Verzug, dann entsteht keineswegs ein Zinseszins. Dies ist ein weit verbreiteter Irrtum. Nach dem § 288 BGB entsteht lediglich ein erhöhter Zinsanspruch: Bei Verbrauchern 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der EZB.
Die Entstehung von Zinseszinsen können Sie ganz einfach verhindern. Auf dem Konto werden der Kapitalstock und die angefallenen Zinsen einfach separat geführt. Dadurch wird nur der Kapitalstock verzinst, nicht jedoch die bisher angefallenen Zinserträge. Die Zinserträge werden einfach nur zusammen addiert. Das wäre eigentlich alles. Das wäre technisch überhaupt kein Problem.
Ich möchte Ihnen jedoch beipflichten, daß sich der Staat überhaupt nicht verschulden sollte. Nicht weil er nichts produziert. Das ist insofern auch nicht richtig. Entscheidend ist, daß der Staat durch die Verschuldung über seine Verhältnisse leben kann. Die Lasten werden einfach den zukünftigen Generationen zur Last gelegt. Das ist in jeder Hinsicht unverantwortlich. Damit das endlich aufhört, muß aber erst einmal die exponentielle Aufschuldung gestoppt werden. Genau deshalb brauchen wir das Zinseszinsverbot in § 248 Abs. 1 BGB. Der Absatz 2 ist also ersatzlos zu streichen.
11.04.13 @ 19:49

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