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Studiengänge für die Resteverwertung

von Wolfgang Prabel E-Mail 19.01.14 11:40:23

Die duale Ausbildung ist die parallele Ausbildung im Handwerks-, Handels-, Gesundheits-, Verwaltungs- oder Industriebetrieb und in der Berufsschule. Nicht jeder Bewerber kann den Beruf ergreifen, den er gerne wählen möchte, denn es stehen nur soviele Ausbildungsplätze zur Verfügung, wie in der Wirtschaft und in den staatlichen Institutionen benötigt werden. Mancher schöne Berufstraum zerplatzt. Aber er zerplatzt in der Regel vor der Ausbildung und nicht danach.

Völlig anders gestaltet sich die Berufswahl im akademischen Bereich. Von einer Rückkopplung zum Bedarf von Wirtschaft und Verwaltung keine Spur. Jeder kann das Studium wählen, das ihm oder ihr gefällt, und nach dem Studium kommen unbezahlte Praktika, Ausflüge in völlig andere Fachgebiete und im Extremfall die Abwanderung ins Ausland. Oder Ausländer, die sich verstudiert haben, kommen nach Deutschland.

Vor einiger Zeit besuchte ich ein großes Architekturbüro in Hamburg. Im obersten Geschoß war ein großer Saal unter einem Glasdach. Dort arbeiteten die Praktikanten. Es war Sommer und ich weiß jetzt was ein sweatshop ist. Eine Schwitzbude. Kürzlich habe ich bei ebay ein paar Silberlöffel gesteigert. Der Shop gehört einem Diplom-Kommunikationswissenschaftler. Ich selbst habe jahrelang viele Baustoffverfahrenstechniker in verschiedenen Fachbereichen beschäftigt. Mit gutem Erfolg, blos mit Baustoffen hatte die Arbeit wenig oder nichts zu tun.

Der Staat hat manchmal unglücklich agiert und Kampagnen gefahren. So entstand um 1980 eine Lehrerschwemme aus der sozialdemokratischen Bildungsoffensive der siebziger Jahre. Im Moment gibt es ein Germanisten- Journalisten-, Politologen-, Übersetzer-, Theaterwissenschaftler- und Architektenüberangebot. Auch andere Kreative und Rechtswissenschaftler sind keineswegs knapp. Jeder ungelernte Schrauber kann heute mehr verdienen, als diese unglücklichen Akademiker. Es gibt Sammelbecken dieser gescheiterten Berufsbiografien. Es sind beispielsweise Parteien und Massenorganisationen, die Armutsverwaltungsindustrie, Förderprojekte, der Bundestag und die Landtage.

Im akademischen Bereich wäre eine duale Ausbildung angezeigt. Das sichert einerseits den Job nach dem Erwerb des Diploms und führt die Studenten frühzeitig an die betriebliche Praxis heran. Das erscheint wichtig, weil viele Abiturienten zum Zeitpunkt der Studienwahl oft keine Ahnung davon haben, was im Berufsleben so abgeht.

In einer Fernsehsendung wurde ein Abiturient gefragt, ob er nicht etwas Technisches studieren wolle. Er antwortete, daß er lieber ein geisteswissenschaftliches Studium wählen werde, weil es da mehr zu diskutieren gibt. Ein großer Irrtum: Im Ingenieurbereich wird wesentlich mehr diskutiert, als in ideologiebelasteten Berufen. Das kann man aber nur wissen, wenn man die betriebliche Praxis kennt. Wer 12 Jahre in der Schule gesessen hat, welche von Lehrern dirigiert wird, die die Arbeitswelt auch nicht kennen, neigt eher zum Ausflug in die Kreativwirtschaft oder in die sogenannten Laberfächer.

In diesen Sektoren herrscht drangvolle Enge auf dem Arbeitsmarkt, während die Beschäftigungsmöglichkeiten für Ingenieure, Facharbeiter und Gesundheitsberufe immer besser werden. Die Lage wird verschärft, indem noch Kulturwissenschaftler aus Griechenland, Medienexperten aus Spanien und Designer aus Italien zureisen.

Die Alterspyramide in Deutschland wird bald völlig auf dem Kopf stehen. Auf die Berufstätigen kommen für den Unterhalt der Rentner enorme Belastungen zu. In dieser Situation kann es Deutschland sich nicht leisten, prekäre Qualifikationen hochzuzüchten, die nicht gebraucht werden.

Das Überleben des deutschen Staates als Sozialstaat konnte nur gelingen, solange die Balance zwischen Berufstätigen und Leistungsempfängern erhalten blieb. Das ist jetzt schon nicht mehr der Fall. Wer wenigstens ein abgemagertes Sozialsystem erhalten will, muß dafür etwas tun. Dazu gehört unter anderem eine bedarfsgerechte Ausbildung.

Vor jedem Studium sollte ein einjähriges Praktikum in der gewünschten Branche stehen und studienbegleitend eine (bezahlte) Tätigkeit verpflichtend sein. Dann könnte sogar das Bafög gespart werden. Viele Enttäuschungen und Praktikumsschleifen nach dem Erwerb des Diploms blieben den Absolventen erspart.

Die ideologische Überfrachtung von Schule und Universität ist keineswegs ein neues Problem, sondern uralt. Eine Anekdote aus den 80er Jahren mag das belegen: Dem Medizinstudenten werden im Examen ein männliches und ein weibliches Skelett gezeigt. Er soll das beschreiben. Nachdem er eine Weile überlegt, fragt der Professor: „Was haben Sie denn in fünf Jahren gelernt?“ Der Student antwortet: „Dann sind das wohl Marx und Engels?“

Der Autor ist Betreiber von Prabels Blog.

7 Kommentare

Kommentar from: Bert [Besucher]
Hi

Im Ingenieurbereich wird wesentlich mehr diskutiert, als in ...Laberfächer.
>
Es wird mehr argumentiert, wer gerne diskutiert wandert ins Management ab ;)
***
... während die Beschäftigungsmöglichkeiten für Ingenieure, Facharbeiter und Gesundheitsberufe immer besser werden.
>
Nur für die Jungen. Die Löhne dafür immer schlechter. Ich verdiene jetzt 50% weniger als vor 10 Jahren. Und ich bin kein Einzelfall.
19.01.14 @ 14:27
Kommentar from: Claudius v.d.Bach-Zelewski [Besucher]
*****
Sie hätten noch hinzufügen sollen: Für die Verwertung der nach 2 Weltkriegen noch bestehenden Reste der Grundlagen von Staat und Gesellschaft durch eitle und beschränkte und damit notwendigerweise spaltungsirre Narren.

Wähnt sich der Narr erst "sozialwissenschaftlich akademisch" - nur hier öffnet sich ihm ein Einfallstor - und wird also zwangsläufig demokratisch "staatlich" und erheischt auf diese Weise in logischer Konsequenz einen Zipfel des "staatlichen Gewaltmonopols, so verfällt der Staat und mit ihm die Gesellschaft bald der maliziös-narzistischen Dekomposition.

Reiches Anschauungsmaterial bildet der bundesdeutsche Parteienstaat, und hier insonderheit (aber nicht nur) die Vertreteter von "GRÜNEN, "S.P.D." und Mauermörderparei.

Leider, so ist festzustellen, hat sich die von Ihnen beschriebene Entwicklung nicht als zufälliges oder in fataler Weise gutgemeintes Verhängnis eingestellt, sondern war von ersten befreiten Tag an berechnend so angelegt (Adorno-Wiesengrund, Horkheimer und Marcuse winken knöchern aus dem modrigen Grabe); und dies auf der Basis, die vom vorherigen Regime - dem unaussprechlichen - bereits keineswesgs zufällig angelegt war (der antifaschistische Sonderweg bis 1989 - hier war bereits der Name Programm - war insofern auch nie einer gewesen).

Der sicherste Weg, wirkliche Eliten zu beseitigen, ist doch der, durch akademische Massen-Suggesetion alles und jeden zur "Elite" zu machen.

Allein diesem Ziel dienen die Armeen von "Sozial-" und "Geisteswissenschaftlern", die die demokratisch kaputtreformierten Universitäten - massenhaft seit dem 68er Jahr - ausgespien haben und in deren Folge sich die sozialbürokratischen und in der nächsten Ausbaustufe sozialindustriellen Sammelbecken der von ihnen so treffend beschriebene, "planvoll gescheiterten Berfusbiographien" etabliert haben.

Vielleicht träfe es der Begriff "planwirtschaftlich gscheiterten Berufsbiographien" nocn besser.

Im Ergebnis steht die vollendete Ochlochratie der wahrhaft sozialistischen Menschheitsbeglückung - die Freizeitherrschaft hohl widerschallender, hedonistischer Sinnfunktionäre.

Alle gleich und einige gleicher in der sich an eitel geschwätziger, bildungsillusionärer Selbstbeschau berauschenden Welt der institutionalisiert-narzistischen Blindenpriester.

Die Vergauckung der Hierarchien.

Wozu mir der apodiktische Satz und Buchtitel des H.Schelsky einfällt, der ja nun selbst Soziologe war (auch in diesem Milieu bestätigen Ausnahmem die Regel): "Die Arbeit tun die anderen".
19.01.14 @ 22:43
Kommentar from: Rakang Siang [Besucher]
*****
Ich studiere jetzt Hartz IV garantiert mit intensiver Erfahrung. Aber Witz bei Seite:

nach den Kriegen 1918 und 1945 war die arbeitsfähige Generation stark dezimiert und alles lag in Trümmern, es gab verhältnismäßig zu viele Alte im Rentenalter, die nicht in den Krieg geschickt wurden. Trotzdem hat niemand ständig über die zu vielen Alten gemeckert.

Heutzutage wird Arbeit in Länder mit Billigst- Arbeitern verlagert und es erledigen immer mehr Maschinen und Industrieroboter die Arbeit. Die Infrastruktur (Straßen, Brücken ...) sind weltweit marode und kein Geld für die Erneuerung.

Das ist eine sehr üble Masche ständig über die Überalterung zu klagen. Heute gibt es eine heftige Überproduktion bei ständig sinkenden Löhnen und Abbau von Arbeitsplätzen um die Lohn- Stückkosten zu senken. Die Vermögens- und Einkommensschere klafft immer weiter auseinander.

Die Unternehmen können oft vor lauter Kraft nicht mehr laufen - aber investieren nicht, weil die Einkommen sinken und damit ein Absatz immer problematischer wird.

Ich habe BWL studiert, also das Fach "Hans Dampf in allen Gassen" mit berstend viel Wissen über Fachbücher das man danach kaum gebrauchen konnte und nach dem Diplom keine Ahnung von der Realität in der Wirtschaft.
19.01.14 @ 22:45
Kommentar from: Rüdiger [Besucher]
Also erstmal muss unterschieden werden. Das Studium sollte URSPRÜNGLICH nach Humboldt der Persönlichkeitsbildung einer kleinen Intellektuellen ELITE dienen, die nach der Schule selbständig und produktiv forscht. Was aus Magister und Diplom wurde, ist durch Bachelor und Diplom auf die Spitze getrieben worden: eine verschulte Massenveranstaltung, wo weder auf eigenständiges und kritisches Denken hingearbeitet wird, noch auf Persönlichkeitsbildung. Kurz: es ist klar, wenn jemand 5 Jahre die Uni verschlafen hat, gerade so den Abschluss schafft, das aus dem nix wird. Das Studium der Elite verlangt auch ganz andere Charaktereigenschaften: intrinsische Motivation, Kreativität und Belastbarkeit, sowie Hingabe für die Wissenschaft. Was das Studium kaputtmacht, ist der Verweis auf die Entlohnung: Studium als Selbstzweck -> Studium als Mittel. Der Text des Autors knüpft daran an. Was wir wirklich brauchen, ist eine Diskussion, was nun ein Studium wirklich bringen soll. Es ist ja eine kulturelle Errungenschaft, dem Bedürfnis des Geistes nach Bildung nachzugehen.
19.01.14 @ 23:41
Kommentar from: max [Besucher]
Der Autor schreibt, daß die Bevölkerungspyramide bald auf dem Kopf stehen werde. Wenn überhaupt, dann ist das nur ein äußerst kurzzeitiger Zustand, denn anderenfalls müßte die Geburtenrate dauerhaft schneller sinken als die Sterberate der Bevölkerung fast über die gesamte drchschnittliche Lebenszeit hinweg. Wäre das zutreffend, würde die Einwohnerzahl Deutschlands in Windeseile gegen Null kovergieren. Solche Vorhersagen (Die Deutschen sterben aus...) gab es zwar schon im 19. Jahrhundert, da sie aber bekanntlich bisher nicht eingetreten sind läßt mich das auch für die Zukunft Deutschlands hoffen.
Und dann noch etwas zu der seit vielen Jahren gebetsmühlenartig vorgebrachten These, daß wegen der Versorgung der alten die Jungen immer größere Belastungen zu tragen hätten. Das stimmt für unser fast ausschließlich über die Löhne finanziertes Rentensystem auch, aber ist das noch zeitgemäß? Dazu ein Beispiel aus dem Jahre 1994: Als das damalige Opelwerk bei Eisenach in Betrieb ging wurde der Presse stolz berichtet, daß dort ein Arbeiter in 17 Stunden soviele Autos produziert wie ein Arbeiter im Stammwerk in Rüsselsheim in 35 Stunden. Damals hat ein Arbeiter in Rüsselsheim 35 Stunden gearbeitet und ein Arbeiter im neuen eisenacher Werk 40 Stunden bei 20% weniger Lohn. Daraus ergibt sich, daß zum Eröffnungszeitpunkt 1994 ein Arbeiter des eisenacher Werkes rund 135% mehr erarbeitet hat als ein Arbeiter in Rüsselsheim. Man sollte nun erwarten, daß pro eisenacher Arbeiter auch 135% mehr in die Kranken- und Rentenkassen geflossen wären als pro rüsselsheimer Arbeiter. Tatsächlich sind aber aufgrund der Lohnkopplung sogar 20% weniger pro eisenacher Arbeiter geflossen. Hieraus wird deutlich wo das Problem wirklich liegt und wie es gelöst werden kann. Eine Lösung ist im Prinzip recht einfach. Man muß einfach zur Finanzierung der Sozialsysteme das wirklich Erarbeitete, also die gesamte Wertschöpfung, heranziehen und nicht nur die Löhne, dessen Anteil an den Produktionskosten dank stetiger Produktivitätssteigerung immer weiter sinken. Durch diese stetige Produktivitätssteigerung wären dann auch in Zukunft immer weniger Jüngere problemlos in der Lage immer mehr Ältere zu versorgen. Man muß es nur wollen und genau hier liegt das Problem. Dies würde nämlich auf der anderen Seite unvermeidlich Einkommenseinbusen für die reiche und insbesondere die superreiche Oberschicht in unserem Land bedeuten. Da aber genau diese Gruppe im Wesentlichen bestimmt "wo es langgeht" wird diese Art der Problemlösung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ohne Druck von unten niemals in Betracht gezogen werden. Leider!
Meine Erfahrung als ehemaliger DDR-Bürger sagt mir hier, die Mächtigen warten mit Reformen, die diese Bezeichnung auch verdienen, immer bis es richtig kracht und Sie schließlich dazu gezwungen werden.
20.01.14 @ 06:49
Kommentar from: foxxi [Besucher]
......... vieles richtig geschrieben!
die hauptsächliche ursächlichkeit dieser verherenden entwicklung liegt im schuldgeltsystem, der verschuldungen (mindest der öffentlichen hand); - letztlich das "ständige wachsen müssen"
das muss verändert werden, wenn eine etwas dauerhaftere/stabilere welt entstehen kann.
warum aber, begehren die akademiker nicht gegen dieses zerstörerische system auf? warum wählen sie (höher gebildete haben verstärkt diese regierungen/parteien) dieses ausbeutesystem? warum machen sie diesbezüglich nichts; - die masse wird es noch vielspäter erst merken?
warum lassen sich selbst gebildete menschen von den elite-parasiten und den medien so verführen und verarschen?
das geldsystem ist ein lupenreines scheeballsystem. in der ausbeutung waren als erstes die ärmsten und ungebildetet dran. dann die mittelschicht und jetzt zunehmend kommt die höhergebildeten unter die räder. warum zählen diese menschen nicht 2+2 zusammen und erkennen wo dies hinführt. warum blockieren sie dieses system nicht?
20.01.14 @ 11:31
Kommentar from: mario [Besucher]
Hey,
ein sehr interessantes Thema. Mein Vorschlag: Alle Studenten müssten einen Arbeitsvertrag vorweisen, um ein Studium aufnehmen zu können. Schon wäre Schluß mit der Blasenbildung, geschweige denn mit den Aufbewahrungsanstalten für junge Menschen. Viele Fächer wären damit überflüssig und es käme wieder etwas mehr Schwung in den Laden. Beste Grüße Mario
20.01.14 @ 13:39

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