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Der ruinöse Kampf um den Seehandel

von Wolfgang Prabel E-Mail 24.11.14 11:18:29

Ab und zu ist ein Blick auf andere Anlageklassen neben Gold und Silber lehrreich. Heute auf Schiffe.

Der maritime Welthandel ist in Tonnenmeilen 2014 um 3,8 % gewachsen, wenn man den Zahlen der japanischen Schiffbauervereinigung glaubt. Trotzdem gingen die Chartern für Schiffe aller Klassen wieder einmal zurück. Der BDIY-Index, der die Chartern mißt, ist von 3-4.000 Punkten 2010 auf aktuell 1.300 Punkte zusammengeschnurrt. Das liegt daran, daß die Orderbücher der Werften voll sind wie lange nicht mehr. Der Bau von Schiffen über den Bedarf hinaus, die sogenannte Überbauung am Schiffsmarkt wird immer schlimmer.

2012 und 2013 sah es danach aus, daß der Neubau etwas gedrosselt wird, die Auftragseingänge der Werften gingen deutlich zurück. 2014 ist damit Schluß. Ende 2012 standen 160 Mio. GT (Gross Tonnage) in den Auftragsbüchern, Ende 2013 waren es 183 Mio GT und Mitte 2014 verzeichnen die Orderbücher 201 Mio GT.

Die griechischen Reeder sind wieder an die Spitze der Besteller von Neubauten zurückgekehrt. Bei einem Anteil von 0,1 % am Welthandel hat Griechenland 12,8 % aller weltweiten Bestellungen laufen, gefolgt von China mit 12,1 %. Danach folgt erst mal nichts und dann kommen Japan mit 7,3 % der Orders und Deutschland mit 6 %.

Den griechischen Reedern wird Schläue nachgesagt. Sie würden Konkursschiffe zu Billigpreisen aufkaufen und das würde ein Konzept ergeben. Da ist auch was dran. Mit Schiffen ist es nämlich so, wie mit unserem Familien-Pkw. Den größten Teil der Kosten machen die Anschaffungskosten aus, auch wenn immer wieder über Kraftstoffpreise, Steuern und Versicherungen gejammert wird. Der schlaue Familienvater kauft deshalb einen fast neuen Gebrauchten, der griechische Reeder macht das auf dem Schiffsmarkt auch.

Das ist aber nicht einmal die halbe Wahrheit. Die Griechen sind seit Jahren Weltmeister bei Neubestellungen bei den chinesischen, japanischen und koreanischen Werften. Während die Chinesen unter planwirtschaftlichen Voraussetzungen bei den eigenen Werften bestellen, um deren Auslastung zu sichern, bestellen die Griechen bei asiatischen Werften, um die Marktanteile ihrer Reedereien auszuweiten. Zwischen Asiaten und Griechen tobt der sinnlose Kampf um die größten Handelsflotten. Griechische Reedereien haben ihre Schiffstonnage seit 2001 mehr als verdoppelt.

Der Bestand an Krediten griechischer Reeder betrug 2012 fast 66 Mrd, €. Auch deutsche Banken waren mit etwas weniger als 9 Mrd, € Kreditgeber, darunter eine Tochter der Genossenschaftszentralbank DZ, die KfW, die Bremer Landesbank und die Nord LB. 66 Milliarden Schulden der griechischen Reeder sind nicht gerade ein Pappenstiel, es ist mehr als ein griechischer Jahreshaushalt der Athener Zentralregierung. Die europäischen Banken waren wegen Basel III und den Stresstests in letzter Zeit sehr zugeknöpft. Die Griechen mußten zu asiatischen Banken gehen, die nur gegen Bestellung in den jeweiligen Ländern kreditieren oder mußten auf Private-Equity-Fonds ausweichen.

Der Bereinigungsprozeß der in der Seefahrt gerade läuft, und jedes Jahr zu zahlreichen Schiffskonkursen führt, könnte zum Schluß auch die Griechen erfassen, wenn der Wettlauf zwischen dem lahmenden Welthandels-Hasen und dem agilen Schiffbau-Igel immer weiter geht. Jedes Jahr, auch in den bestellungsarmen Jahre 2012 und 2013 ist der Seehandel langsamer gewachsen, als der Neubau von Schiffen. Wie schlecht es der griechischen Seefahrt tatsächlich geht, kann man in der aktuellen Berichterstattung der Bank of Greece sehen. Der Umsatz des Schiffstransportsektors liegt 2014 nur noch bei 50 % von 2010 und ist seit 2010 kontinuierlich jedes Jahr zurückgegangen. Erhöhung der Tonnage und Halbierung der Umsätze? Wer bleibt da Optimist?

Auch griechische Schiffe könnten beschäftigungslos aufliegen. Aristoteles Onassis hatte am Anfang seiner Reederkarriere vier Schiffe in Montreal herumliegen, die nur Liegegebühren kosteten. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs waren seine inzwischen 46 Pötte zu 150 % ausgelastet und er verdiente ein Vermögen damit. Das war für ihn ein außergewöhnlicher Glücksumstand. Es bricht aber nicht jedes Jahr ein Weltkrieg aus…

3 Kommentare

Kommentar from: Jörg Tempel [Besucher]
*****
Beeindruckende Zahlen und Analyse! Man ist allerdings etwas fassungslos in Anbetracht dessen was sich hier andeutet. Vielleicht können Sie ja an dem Thema dran bleiben?

Was mir gerade dazu einfällt. Wie könnte sich die angedachte Asienbrücke "China-Rußland-Europa" hier auswirken?
24.11.14 @ 13:02
Kommentar from: Rainer [Besucher]
*****
Interessant, wo unsere "Landesbanken" und die Kreditanstalt für Wiederaufbau(sic) weiterhin so alles rumturnen und Steuergelder versenken. Diese Banken haben sich entgegen ihrem Gründungszweck aufgeplustert. Für die Beschäftigten dort und den Politikfilz natürlich eine lukrative Sache.
24.11.14 @ 18:41
Kommentar from: Gretel [Besucher]
Und da wundert man sich, wieso dieses Jahr in den Medien so viele Kriegshetzer unterwegs sind.
All diese großen Wirtschaftslobbygruppen brauchen einen Weltkrieg. Man beachte auch die riesigen Halden mit Neuwagen in aller Welt.
25.11.14 @ 09:22

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