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Geplanter Absturz
von Jan Kneist
03.05.10 13:33:37
In dieser Woche haben wir eine deutliche Beschleunigung der Ereignisse erfahren. Am Dienstag stufte S&P die Kreditwürdigkeit Portugals und am Mittwoch die von Spanien ab. Die Phrase des „Schwarzen Mittwoch“ ging um, als Aktienkurse und die Anleihen der Risikostaaten abstürzten und die 2jährigen Griechenland-Anleihen fast auf 20% Rendite stiegen.
Aber warum gerade jetzt diese Abstufungen der Ratingagentur S&P? Was hat sich diese Woche gegenüber letzter Woche geändert? Oder nehmen die Agenturen schlicht die CDS-Spreads als Grundlagen ihrer eigenen Entscheidungen? Falls ja, wäre das ein Offenbarungseid. Aber das nur am Rande. Die Staaten der Währungsunion wurden jetzt überrollt und haben am Sonntag das Rettungspaket für Griechenland, besser gesagt für die Banken, beschlossen. Konkret sieht es so aus, dass in diesem und den beiden kommenden Jahren wohl je 60 Mrd. € fließen müssen (zunächst war von 45 Mrd. die Rede). Bei den Summen wird es sicherlich noch zu mehreren Anpassungen nach oben kommen. An Deutschland machte sich in den letzten Tagen akute Kritik fest, weil die Regierung angeblich zu zögerlich wäre und so die Kosten der Rettung weiter in die Höhe triebe. Was erwarten diese Kritiker? Daß die Regierung mit einem Federstrich 10 Mrd. € für ein fremdes Land bewilligt, während bei uns die Infrastruktur verrottet? Merkel weiß ganz genau, daß sie auf einem gefährlichen Grat wandert, wird die Entscheidung wohl bis nach der NRW-Wahl hinziehen und dann zustimmen.
Aber was bringt jetzt die kurzfristige Rettung der Griechen? Gar nichts. Die Ungleichgewichte der Volkswirtschaften verschwinden auf diese Weise nicht. Immerhin hat diese dramatische Verschärfung der Lage dazu geführt, daß erstmals seit Jahren eine breite Diskussion über das Für und Wider der Währungsunion an sich geführt wird. Im Handelsblatt meldete sich am Donnerstag Ex-Finanzminister Waigel, der ein Loblied auf den Euro sang, ohne den die europäischen Staaten „Spielball internationaler Finanzspekulation“ geworden wären und in der Globalisierung völlig abgehängt worden wären. Diese Argumentation ist absurd. Was ist seine Lösung? Thesen, die man heute immer wieder hört: Harte Einschnitte, Wirtschaft „in Ordnung bringen“, sparen. Aber was soll dort in Ordnung gebracht werden? Zugegeben, außer Olivenöl und Schafskäse gibt es wenig, das Griechenland exportiert. Das war nie anders. Warum wird die Realität bestritten? Es gibt eben Länder, die innovativ und exportstark sind und andere, die es nicht sind und nie werden. Alle können auch gar nicht gleich erfolgreich sein, wer sollte denn die Überschüsse kaufen und bezahlen?! Der Ausgleich erfolgte über schwankende Währungen. Eine Abwertung der Drachme hätte die Importe verteuert und die Exporte gefördert. Das Ventil fehlt seit über 10 Jahren.
Auf anthropologischer Ebene muß man einfach hinnehmen, daß alle Völker ihre Eigenarten haben und gerade diese macht Europa doch so interessant. Wenn die Griechen eben die Sonne und ihre Lebensart genießen wollen, dann sollen sie das. Der Preis ist, daß sie ärmer sind als Deutschland. Vielleicht glücklicher! Damit können sie aber den gesellschaftliche Uniformität einfordernden Gutmenschen-Politikern bzw. Brüsseler Bürokraten nicht kommen. Was von Griechenland jetzt verlang wird und was mit den beschlossenen Maßnahmen (Mehrwertsteuer von 21 auf 23% hoch, Beamtengehälter –8%, Rentenkürzungen etc.) schon auf dem Weg ist, wird dieses Land völlig verarmen lassen. Damit rede ich den Schlendrian in Griechenland nicht schön, doch mit der Drachme war es ihr eigener Schlendrian bzw. ihre Art zu leben. Und für wen passiert das? Nur zur kurzfristigen Rettung der Banken. Man hätte leicht die Banken beteiligen können und müssen, die trotz eigener Researchabteilungen und mit dem Wissen um die Lage in Griechenland große Mengen griechischer Anleihen halten. Die vertrauen auf die Rettung und sollen schon wieder belohnt werden? Deutschlands Pech ist natürlich, daß gerade die unter mehr oder weniger Staatskontrolle stehenden Banken Hypo Real und Cobank die meisten Griechenanleihen haben. So oder so hätte der Staat also blechen müssen, denn der „Haircut“ hätte ohne erneute Kapitalerhöhung wohl Insolvenz bedeutet.
Bei aller Kritik an den Banken muß man aber ehrlicherweise sagen, daß sie nur die Spielwiesen nutzen, die ihnen eine verfehlte Politik immer wieder bietet. Die Ungleichgewichte der Eurozone sind doch geradezu eine Einladung zur Spekulation. Lautstark brandmarkten SPD und Gewerkschaften jetzt am 1. Mai die Banken für die ganze Misere. Natürlich, es wäre ja auch peinlich, wenn man eingestünde, daß man selber die Währungsunion ständig in den höchsten Tönen befürwortete und die Kritiker niedermachte! Die Banken sind für viele Mißstände verantwortlich, nicht aber für die aktuelle Griechenland-Krise. Und was passierte in Griechenland diese Woche? Man kann es schlicht mit dem Wort „Bankrun“ umschreiben. Die Leute heben in Massen ihre Ersparnisse ab und handeln damit, auch wenn sie die Banken in Bedrängnis bringen, völlig rational. Sie als kritischer Leser wissen, daß das Geschwätz der Politiker keinen Pfifferling wert ist. Vielleicht muß Griechenland doch bald den Euro aufgeben und wer dann in Griechenland Euro-Buchgeld hat, der wird böse in die Röhre schauen.
Gold konnte diese Woche gut zulegen, trotz schwachem Euro. Es beschreiten immer mehr den Pfad der Erkenntnis, daß die Währungsunion eine Inflationsunion wird, falls keine Aufspaltung stattfindet.
Meine Überschrift lautete heute „Geplanter Absturz“. Warum? Weil man die Misere mit klarem Verstand schon viele Jahre kommen sehen konnte und jetzt wohl der Hebel umgelegt wurde und man den großen Knall provozieren will. Haben Sie sich auch über die plötzliche Kritik am Euro in der Systempresse gewundert? Genauso sind die plötzlichen Abstufungen kein Zufall und die Beibehaltung des AAA-Ratings für die USA machen das hinterhältige Treiben leicht durchschaubar. Die Euro-Währungskrise ist eine Maßnahmen zur Stützung des US-Dollars. Der Fall des Dollars wird sich dadurch nicht verhindern lassen, womit wir aber zu kämpfen haben werden, sind wiederaufkeimende Nationalismen und Konflikte in Europa. Es stehen uns keine guten Zeiten bevor, treffen Sie daher weitere Vorkehrungen, auch mit Edelmetallen.
Aus Rohstoff-Spiegel Nr. 09/2010 v. 1. Mail 2010
5 Kommentare
ich gratuliere zu ihrem profunden Beitrag.
Genau so sehe ich die Dinge auch.
Jedoch sei angemerkt, daß nicht von vornherein alle Nationalismen mit Konflikten verwechselt werden dürfen.
Ich habe mir schon die ganze Zeit gedacht, wenn die Papierwährungen einmal fallieren, dann wird auf jeden Fall der US-Dollar logischerweise der letzte sein. Bei den alten Römern sprach man von der "fraus punica", aber seit 2008 mit dem Bankrott von Lehmann haben wir eine "fraus americana", d. h. einen amerikanischer Betrug, da es sich hauptsächlich um Auslandsguthaben gehandelt haben dürfte. Diese Erkenntnis bringen unsere Politiker und Beamte leider nicht auf; sie haben sich allzulange im Vertrauen auf den großem Bruder Amerika akkulturiert. Den Amerikanern scheint es wirklich sehr schlecht zu gehen, sonst würden sie nicht jetzt den Euro zu Fall bringen, um als die relativ besseren dazustehen.
Gegen den Verbleib der Griechen im Euro haben namhafte Ökonomen wie Prof. Sinn vergeblich argumentiert! Jeder Student der Wirtschaftswissenschften wird in den ersten Semstern beigebracht, welche Multiplikatoren sich bei Investitionen und Kreditgewährung ergeben. Wie sollen die Griechen bei sinkendem Einkommen und Auslandstransfer des Kapitals für den Schuldendienst weiterhin hohen Zinsen und Tilgungen aufbringen? Das ist ja die Brüningsche Wirtschaftspolitik. Jetzt müssen auch die Zinsen für unsere Staatsanleihen steigen.
vielen Dank für Ihren Beitrag.
Zuletzt haben Sie doch noch einen kleinen Knicks gemacht vor unseren Zentralplanern.
"womit wir zu kämpfen haben werden, sind aufkeimende Nationalismen ...".
Das ist natürlich die Sprache der Spin-Doktoren und Eine Welt Protagonisten. Es liegt mir fern, Sie kritisieren zu wollen, aber nun habe ich mir die Mühe gemacht und den "Duden" rausgenommen.
Nationalismus a. (meist abwertend) übersteigertes Nationalbewußtsein
b. (selten) erwachendes Selbstbewußtsein einer Nation mit dem Bestreben, einen eigenen Staat zu bilden.
Welche Definition haben Sie denn nun gemeint?
Eine bessere Welt ist die Welt, in der das Individuum über seine eigenen Angelegenheiten entscheiden kann und muss und eine Gruppe (wie z.B.) ein Land, über ihre eigenen Angelegenheiten. Es wird immer wieder konkurrierende Interessen geben, es muss sie sogar geben. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Parteien miteinander streiten, sondern dass sie sich miteinander auseinandersetzen müssen.
Leider ist der Prozess der Auflösung des Staates (als Gemeinwesen) schon weit fortgeschritten. Die Umerziehung und auch die falsche Deutung der Worte und Begriffe bringt den gewünschten Erfolg.
Dieses Land, in dem ich geboren und aufgewachsen bin, hat seine Qualitäten weder von Erzfreunden noch von Erzfeinden in die Wiege gelegt bekommen. Die Qualitäten sind eigentlich - im besten Sinne - dem Land - beziehungsweise besser - seinen Menschen eigen oder eigen gewesen.
So finden wir spezifische Dinge und Umstände - und Identitäten - in jedem Kulturkreis.
Ich möchte meine nationale Identität nicht verleugnen. Und das, was mir dafür angeboten wird, ist ein Abglanz und eine Schimäre.
War es Nationalismus, dass wir früher die D-Mark hatten? Und wir nicht schon vor 30 Jahren großangelegte Programme zur Unterstützung des griechischen Staates finanziert haben?
Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass, je weiter Deutschland im Rahmen der EU und Globalisierung heruntergewirtschaftet wird, wir immer weniger in der Lage sein werden, anderen Ländern zu helfen.
Schöne Grüße
ClausS
Sie können mir glauben, daß ich vor niemanden einen Knicks mache. Was ich damit sagen wollte, ist schlicht, daß vermutlich wieder Unschuldige unter der verfahrenen Situation leiden werden. Sündenböcke sind schnell bei der Hand.
Daß die ganze EU nur durch den Zahlmeister (West-) Deutschland möglich wurde und seiner Niederhaltung diente, ist doch unbestritten. Ein gesundes Nationalbewußtsein brauchen wir sehr dringend, aber aufgrund der allumfassenden Pleite wird es in extremen Nationalismus umschlagen. Im positivsten Falle erlangen die Nationalstaaten ihre Selbstbestimmung zurück, ganz besonders wünsche ich mir das für Deutschland. Der Bankrott kann dabei sogar ein Katalysator sein. JK
Bravo für Ihren Beitrag !
Hinzufügen möchte ich noch meine Einschätzung bezüglich Ihrer Aussage :"Die Euro-Währungskrise ist eine Maßnahmen zur Stützung des US-Dollars. Der Fall des Dollars wird sich dadurch nicht verhindern lassen, womit wir aber zu kämpfen haben werden, sind wiederaufkeimende Nationalismen und Konflikte in Europa !"
Die Kapital Mächte hinter den Kulissen setzen den Hebel an, damit der Euro in die Instabilität kommen wird. Dies ist nun durch die "Lex Griechenland" eingeleitet. Es werden weitere folgen und Europa wird der Verlierer sein, wenn es diese Finanz Politik so weiter fortsetzt. Der US Dollar wird sich als Welt Leitwährung weiter stärken, denn Kräfte aus dem Osten wie die Gulf Staaten mit fester USD Relation , Indien , China als aufstrebende Wirtschaftsmächte haben ein Interesse an einem starken US Dollar. Wir werden sehen, wo sich die US-Euro Relation bis Mitte 2011 einregeln wird, ich glaube 1 : 1 oder gar darunter für den Euro.
Der US Dollar hat sich trotz Quantitative Easing (Anwerfen der Notenpresse) durch die FED
seit Mitte 2009 von 1.6 auf heute 1.31 zum Euro aufgewertet. Eigentlich unverständlich !
Der US Dollar gewinnt an Wert, obwohl die USD Geldmenge in 2009 um weitere 2,2 Billionen USD auf 16.800 Billionen erhöht wurde (offizielle Zahl).
Mit rechten Dingen auf der Basis einer soliden USA Finanz-und Wirtschaftspolitik geht es hier leider nicht mehr zu und der Kollaps ist vorprogrammiert. Europa und die EZB wird dem Beispiel Amerikas leider folgen müssen. Bleibt zu hoffen, dass der "inflationäre Bankrott" als Katalysator wirkt und eine neue Weltwährung entsteht, die dem Macht- und Führungs Gebaren der USA und des Dollars hoffentlich ein Ende bereitet.
Bis vor wenigen Monaten hätte ich auch nicht gedacht, daß der Dollar wohl am längsten überleben wird. Aber es sieht so aus. Helfen wird es ihnen nicht. JK
Genau, Ironie muß sein. :-) JK
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